Den Krankenkassen drohen Defizite, wenn Mehrwertsteuer verrechnet wird.
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Wien. Die Krankenkassen sind keineswegs saniert. Wie die "Wiener Zeitung" in der Wochenendausgabe berichtete, sind fünf Gebietskrankenkassen - Wien, Steiermark, Kärnten, Burgenland, Tirol - keineswegs im Plus, sondern haben ein Minus vor ihrem Ergebnis. Dass es dann doch ein Plus ist, dafür sorgt die großzügige Refundierung der Mehrwertsteuer durch den Bund an die Kassen - für die Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) macht das um die 90 Millionen Euro aus. Aber ab 2015 entfällt die Pauschale und die Kassen müssen mit dem Bund ihre Mehrwertsteuerausgaben exakt abrechnen. Und dann könnte es für einige, besonders für die WGKK eng werden.
Daran wird wohl auch die Gesundheitsreform wenig ändern. Franz Bittner, der frühere Obmann der WGKK, sagt im Gespräch mit der "Wiener Zeitung": "Ich finde die Reform nicht. Es gibt eine Reihe von guten Absichtserklärungen, aber mehr nicht." Zwar hätten die Krankenkassen ihre Schulden weitestgehend abgebaut, aber das sei im Wesentlichen auf die Sonderzuwendungen aus dem Budget zurückzuführen. Gesundheitsminister Alois Stöger habe für die Gebietskrankenkassen eine Milliarde Euro geholt und so den Kassen einen Sanierungskurs ermöglicht, sagt Bittner. "Aber es gab keine Reform, die das System verändert hätte." Der frühere WGKK-Obmann geht noch weiter: "Das System ist reformresistent." Dennoch, sagt Bittner, "es gibt im Gesundheitssystem Entwicklungen, um die man nicht herumkommt. Wenn etwa ein neues, wirkungsvolleres Medikament auf den Markt kommt und es zugelassen werden muss, dann muss die Kassa das auch zahlen. Auch wenn das das 300-Fache kostet. Welcher Politiker sollte da sagen, das zahlen wir nicht."
Auch der Obmann der Beamtenversicherung BVA, der Zweite Nationalratspräsident Fritz Neugebauer, glaubt nicht so recht an einen durchschlagenden Erfolg bei der Kassensanierung. "Der Bypass, der gefunden wurde, ist nur temporär." Allerdings schiebt Neugebauer die Verantwortung auch an die handelnden Personen: "Kassen, die nicht über ihre Verhältnisse leben und gut wirtschaften, können gut mithalten." Die Gesundheitsreform bringe mehr Transparenz bei der Finanzierung des niedergelassenen Bereichs und bei den Spitälern, aber keine Einsparungen, sagt Neugebauer. Es sei aber immerhin die Ausgabensteigerung gedeckelt.
Die BVA, die Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft die Sozialversicherung der Bauern und jene der Eisenbahner sind ein positives Beispiel, was Rücklagen betrifft: Sie haben gemeinsam mehr als eine Milliarde Euro auf der hohen Kante. Aber, um allen Begehrlichkeiten vorzubeugen, verwies Neugebauer darauf, dass die BVA an andere Kassen davon nichts abgeben könne, das sei verfassungsrechtlich gar nicht möglich. Denn je Sozialversicherungsträger gebe es eine Versichertengemeinschaft und nur an diese dürfe die Leistung fließen.