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Der Euro ist so stark wie schon lange nicht. Frankreichs Forderung an die EZB, ihn künstlich zu schwächen, ist wirtschaftlicher Unfug.
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Es war eine Story wie aus einem Wall-Street-Krimi. Der Spekulant Georges Soros und ein paar andere milliardenschwere Hedgefonds-Betreiber hatten sich, so berichteten Medien am Höhepunkt der Euro-Krise, in einem New Yorker Restaurant getroffen und beim Lunch beschlossen, gemeinsam gegen den darniederliegenden Euro zu spekulieren, um damit ein gigantisches Vermögen zu machen.
Sollte die Story tatsächlich stimmen, war es eines der teuersten Mittagessen des 21. Jahrhunderts. Denn der Euro verfiel seither nicht, wie Soros und Freunde erhofft hatten, sondern gewann im Gegenteil seither gegenüber dem Dollar rund 15 Prozent an Wert. Sollten die Herren und ihre Hedgefonds damals tatsächlich Milliarden auf den Untergang des Euro gesetzt haben, dürften sie verdammt viel Geld verloren haben.
Dass der damals in seiner Existenz bedrohte Euro schon 2014 wieder einen bemerkenswert hohen Außenwert hat, hätte am Höhepunkt der Euro-Krise wohl kaum jemand erwartet (den Autor dieser Kolumne durchaus eingeschlossen). Genauso wenig war damals zu erwarten, dass 2014 maßgebliche Politiker der Eurozone nicht über die Bresthaftigkeit der Einheitswährung klagen, sondern über deren Härte.
Jetzt aber fordert Frankreichs neuer Finanzminister Michel Sapin allen Ernstes, die Europäische Zentralbank möge den Euro gezielt schwächen, denn "Frankreich und seine Partner leiden unter dem zu hohen Kurs der Gemeinschaftswährung".
Dies ist eine ziemlich bedenkliche Äußerung. Erstens, weil Sapin damit ein Verständnis über die Unabhängigkeit der EZB offenbart, das sich weder mit dem Wortlaut noch dem Geist der den Euro konstituierenden Verträge decken kann.
Zweitens, weil die immer offenkundiger werdende Wettbewerbsschwäche der französischen Industrie nicht am starken Euro liegt, sondern an einer (zumindest bisher) desaströsen Wirtschaftspolitik nicht nur der regierenden Sozialisten, sondern auch ihrer bürgerlichen Vorgänger unter Nicolas Sarkozy (wäre tatsächlich der starke Euro schuld, könnte ja nicht gut Österreichs Industrie gleichzeitig so erfolgreich sein).
Drittens ist die Forderung bedenklich, weil Frankreichs Konsumenten über die dank starkem Euro billigeren Importe (etwa von Heizöl oder Benzin) nicht eben unglücklich sind und etwas an Kaufkraft gewinnen, was gerade der sozial schwächeren Klientel der Sozialisten nutzt.
Letztlich ist ein schwacher Euro nicht einmal im Interesse der französischen Industrie, auch wenn es auf den ersten Blick (Exporte werden erleichtert) so wirken mag. Denn langfristig fördert ein harter Euro die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, indem er sie zu mehr Effizienz, höherer Produktivität und insgesamt besseren Produkten zwingt.
Das ist für die einzelnen Unternehmen zwar nicht immer angenehm, hat sich aber als außerordentlich wirksam erwiesen (auch Österreichs Industrie ist seit der Bindung des damaligen Schillings an die D-Mark in den 1970ern nicht schwächer geworden, wie das viele Industrielle befürchtet hatten, sondern stärker, wie das der damalige Finanzminister Hannes Androsch prophezeit hatte).
Dass der Euro heute viel stärker ist, als Soros seinerzeit gehofft hat, mag daher für diesen Pech sein. Für Europa ist das gut so.