Bioethikkomission will sinnvolle Diskussion zur Fortpflanzungsmedizin.
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Die Bioethikkommission erinnert an einen Menschen, in dessen Brust zwei Seelen wohnen. Die Mehrheit will ein längst nicht mehr zeitgemäßes Gesetz endlich der gesellschaftlichen Realität anpassen und unter anderem die In-vitro-Fertilisation (IVF, künstliche Befruchtung außerhalb des Körpers) auch für Lesben und alleinstehende Frauen erlauben. Die Minderheit will geltende Verbote, etwa jenes der Diagnose befruchteter Eizellen vor dem Einsetzen in den Mutterleib (Präimplantationsdiagnostik, PID) zur Verhinderung von Krankheiten, beibehalten. Sie warnt, nicht ganz zu Unrecht, vor Selektion und vor einem Dammbruch in eine schöne neue Welt.
Dass die Sichtweisen schon alleine im zuständigen Gremium gespalten sind, zeigt, dass nicht einmal die Experten wissen, wie die Möglichkeiten der künstlichen Befruchtung richtig einzuschätzen sind. Und da sie beide ihrer Sichtweisen veröffentlicht, will die Kommission mit ihren Überlegungen, für die sie zwei Jahre gebraucht hat, eine sinnvolle gesellschaftliche Diskussion anstoßen.
Ähnlich muss es wohl von Unfruchtbarkeit betroffenen Frauen und Männern gehen in ihrer Auseinandersetzung. Das Beste, was sie tun können, ist eine von Herzen kommende Entscheidung zu treffen, was sie machen wollen um nicht auf Kinder verzichten zu müssen. Da dieser Prozess wohl ebenfalls Jahre dauert, ist davon auszugehen, dass er mit Verantwortung vor sich geht und die Betroffenen das Kindeswohl sehr intensiv bedenken. Und da IVF eine strapaziöse Prozedur ist, ist nicht anzunehmen, dass sich nach einer Gesetzesliberalisierung alle vom Doktor aus Spaß an der Freud’ maßgeschneiderte Kinder machen lassen, denn es ist kein Spaß.
Nicht alle Argumente der Verbots-Befürworter sind von der Hand zu weisen. Etwa ist die Kritik an der Eizellspende, wonach arme Frauen ihre Eizellen Reichen verkaufen, völlig legitim. Andere Standpunkte erwecken jedoch den Eindruck, sie kämen aus einer Theorie der Angst, die ideologisch motivierte Katastrophenszenarien an die Wand malt. Um Progress zu machen, wäre es wohl besser, Betroffene öfter zurate zu ziehen, die die Fortpflanzungsmedizin aus erster Hand beurteilen - und eher auf Ideologien verzichten würden.