Spaniens Niederlage als Ende einer großen Ära.
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Dass diese Weltmeisterschaft das Ende einer großen Ära werden würde, war schon vor dem ersten Anpfiff klar. Das ließ sich ganz einfach der Kaderliste der Spanier entnehmen. Zwölf Spieler waren bereits 2008, als in Wien alles begann, dabei, für einige von ihnen ist Brasilien der Abschluss: Iker Casillas, Xavi, David Villa, vielleicht auch Xabi Alonso.
Es war also nur die Frage, wie diese Mannschaft, die drei Titel hintereinander gewonnen hat und den internationalen Fußball nachhaltig geprägt und auch verändert hat, wie also diese Ära ein Ende finden wird. Dass es in der Vorrunde kam, war nicht ganz überraschend, schon vor der EM 2012 war die Zeitenwende von einigen erwartet worden, doch Spanien hatte sich zumindest in Details ein bisschen neu erfunden, trat teilweise ohne echten Stürmer an und gewann noch einmal, vielleicht sogar etwas überraschend, den Titel.
Und dennoch ist es irgendwie tragisch, dass das Ende dieser Ära so drastisch und bitter sein musste. Casillas, einst der große Held, war diesmal ein gespielter Witz, Ramos völlig von der Rolle, Xabi Alonso am ersten Gegentor gegen Chile schwer beteiligt, und Xavi, der Chefideologe dieser Elf, saß 90 Minuten nur auf der Bank.
Es gibt gute Gründe, sich über den Erfolg der Chilenen zu freuen. Sie waren der Außenseiter, spielten spektakulär und ungemein leidenschaftlich. Doch es gibt auch gute Gründe, die Spanier zu bedauern. Diese Mannschaft (und sicher geprägt durch den FC Barcelona) hatte etwas Neues kreiert, eine neue Spielidee, und das zu einer Zeit, als Griechenland und Italien EM- und WM-Titel inne hatten. Griechenland ist seit damals ein Synonym für fußballerische Destruktion, und Italien hat es damals fertig gebracht, einen ihrer Verteidiger zum Weltfußballer zu machen. Zum ersten und einzigen Mal. Dann kam Spanien.
Der Fußball hat sich seit 2008 verändert, und nicht nur aufgrund der bisherigen WM: zum besseren. An dieser Genese haben die Spanier entscheidend mitgewirkt, sie waren, so kann man das sagen, die Hauptdarsteller dieser Geschichte. Brasilien sollte das letzte Kapitel dieser Mannschaft werden, offen war nur, wie diese Geschichte enden sollte. Im Halbfinale? Oder nach einem knappen Out im Achtelfinale gegen Brasilien? Dass die Geschichte nun nach zwei Spielen endet, ist traurig, denn irgendwie wünscht man doch jeder guten Geschichte ein Happy end, zumindest ein versöhnliches.
Doch so wie Maradonas Karriere 1994 mit einem positiven Dopingtest bei der WM jäh endete, so wie Zinedine Zidane 2006 mit einem Kopfstoß im WM-Finale samt roter Karte (und verlorenem Finale) von der großen Bühne abtrat, so erwischte es nun auch Xavi und die Seinen. Und das ist schlicht traurig. Sie hätten sich ein anderes Ende verdient gehabt.