Jede zweite geförderte Wohnung in Wien wird zukünftig eine kostengünstige Smart-Wohnung – das verkündete Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 5 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Die sogenannten Smart-Wohnungen, ein Prestige-Projekt des ehemaligen Wohnbaustadtrates und jetzigen Bürgermeisters Michael Ludwig, geht in die nächste Etappe. "Zurzeit sind ein Drittel der Wohnungen als Smart-Wohnungen vorgesehen. In Zukunft soll jede zweite geförderte Wohnung in Wien als kostengünstige Smart-Wohnung errichtet werden.
Ich bin davon überzeugt, dass diese Neuerung ein wesentlicher Schritt ist", sagt Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal (SPÖ). Gaal wird am 12. Juni einen entsprechenden Antrag in die Landesregierung einbringen, im Herbst soll die Reform auf Schiene sein. Darüber hinaus wird der Baukostenzuschuss bei Smart-Wohnungen erhöht.
Steigende Kosten und erhöhter Druck
"Der frei finanzierte Wohnbau hat einen enormen Druck auf den geförderten Wohnbau ausgeübt. 2014 hatten wir 10.000 Baubewilligungen, 2017 mit 21.000 Baubewilligungen doppelt so viele", erklärt Dietmar Teschl, Leiter der MA 50 – Wohnbauförderung und Schlichtungsstelle für wohnrechtliche Angelegenheiten.
Teschl: "Wir sind davon ausgegangen, dass eine Baukostenförderung von 1800 Euro pro Quadratmeter für günstige Mieten im Smart-Wohnungsbereich ausreicht. Vereinzelt haben wir festgestellt, dass die Baukosten auf bis zu 2150 Euro gestiegen sind. Die Neubauverordnung wird nun regeln, dass bis zu 250 Euro zusätzlich gefördert werden."
Projekte aus den Jahren 2016 bis 2018 werden mit 42 Millionen Baukostenzuschuss und mit bis zu 28 Millionen Landesdarlehen nachgefördert. Für den Zeitraum 2019 und 2020 stehen weitere 4000 Smart-Wohnungen am Plan. "Insgesamt handelt es sich um 9000 Wohnungen mit einem Fördervolumen von 135 Millionen Euro", rechnet Dietmar Teschl vor.
Die Finanzierung solle über zwei Schienen erfolgen. "Einerseits kommt uns die derzeitige Zinslage sehr entgegen. Wir ersparen uns zurzeit jährliche 15 bis 20 Millionen Euro an Zinsenzuschüsse. Zweitens ist das Potenzial der Mietkaufwohnungen nicht zu unterschätzen. Sehr viele Menschen nutzen das Angebot, ihre Wohnungen zu kaufen", sagt Teschl und beziffert die jährlichen Darlehensrückzahlungen mit 25 bis 30 Millionen Euro. "Im Mai 2019 waren es bereits 19 Millionen Euro. Wenn dieser Trend anhält, sehe ich kein Problem, die 135 Millionen Euro bis 2020 zu finanzieren."
Mit Gemeindewohnungen vergleichbar
2012 präsentierte Michael Ludwig erstmals das Modell der Smart-Wohnungen, im Sommer 2015 wurden die ersten 24 Smart-Wohnungen in der Albert-Schweitzer-Gasse beim Auhof Center den Mietern übergeben. Die Mieten sind mit einer Brutto-Miete von 7,50 Euro pro Quadratmeter preislich mit Gemeindewohnungen vergleichbar. Der Finanzierungsbeitrag beträgt maximal 60 Euro pro Quadratmeter. Ein Beispiel: Für eine 2-Zimmer-Smart-Wohnung mit 55 Quadratmeter, Wohnküche, Schlafzimmer, Bad, WC, Abstellraum und Balkon, machen die monatlichen Kosten inklusive Betriebskosten und Steuer 412,50 Euro, die Eigenmittel um die 3300 Euro aus. Die Smart-Wohnungen sind in der Planung kompakter als klassische geförderte Wohnungen und reichen von 1 Zimmer mit 40 Quadratmetern über 4-Zimmer-Wohnungen mit 70 Quadratmeter bis zu 5 Zimmer mit 100 Quadratmeter. Die Fördervoraussetzungen bleiben unverändert.
Sozialer Wohnbau als Mittelstandsförderung
Von den 8700 Smart-Wohnungen sind in Wien 2400 fertig gestellt, 2.600 in Bau und 3700 in der Planungsphase.
"Durch die Smart-Wohnungen wird die soziale Durchmischung intensiviert", sind sich Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal, wie auch Bernd Riessland, Obmann der Gemeinnützigen einig. "Sozialer Wohnbau ist nicht für die Ärmsten der Armen, wie es in anderen Ländern der Fall ist. Es ist eine Mittelstandsförderung. In Wien haben wir keine soziale Segregation, wie es beispielsweise in den Pariser Vorstädten der Fall ist. In Wien kann man an der Adresse nicht die soziale Herkunft oder das Gehalt ablesen. Dass das jetzt weiter verstärkt wird, ist eine gute Sache", sagt Michael Pech, stellvertretender Obmann Gemeinnützige Wien. Es sei die richtige Maßnahme zum richtigen Zeitpunkt. Ob es für die Ewigkeit sein werde, ist eine andere Frage, so Pech.
In Wien gibt es 220.000 Gemeindewohnungen sowie 200.000 gemeinnützige Wohnungen. "Mehr als die Hälfte der Wiener lebt in einem geförderten Wohnbau oder in einem Gemeindebau. Das dämpft den Wohnungspreismarkt", erläutert Josef Ostermayer, Obmann Gemeinnützige Wien. Nachsatz: "Wir hatten voriges Jahr aufgrund der gestiegenen Baukosten das Problem, dass wir kaum brauchbare Preise bekommen haben und wir eigentlich nicht mehr in der Förderung bauen konnten. Das Glück war, dass die Bauordnungsnovelle in Vorbereitung war und das Instrumentarium der Widmungskategorie noch eingefügt wurde." Ostermayer sieht die 2018 eingeführte Widmungskategorie "geförderter Wohnbau" – bei der Umwidmungen müssen zwei Drittel des Areals für den geförderten Wohnbau umgewidmet werden – sowie die gesetzlich geregelte Grundstückspreisdeckelung von maximalen 188 Euro pro Quadratmeter als ersten Schritt, die nun angekündigte Smart-Wohnungsoffensive als weitere wichtige Maßnahme an. "Es ist in extrem kurzer Zeit reagiert worden, so dass sich der Knoten wieder auflöst", so Ostermayer.
"Keine ganzheitliche Betrachtung"
Kritischer betracht Christian Peer von der Technischen Universität das Vorhaben, die Smart-Vorhaben aufzustocken. "Bei der Stadt liegt der Fokus der Leistbarkeit immer der nur auf das Wohnen. Wir sprechen heute aber von der leistbaren Urbanität. Man kann nicht nur Smart-Wohnungen bauen, wenn zugleich Strom und Wasser teurer werden und zugleich es immer schwieriger wird, in der Stadt leistbare Arbeitsflächen zu finden", sagt Peer. Die Stadt tendiere dazu, Wohngegenden zu machen, wo man leistbar wohnt, aber die Urbanität in der Leistbarkeit immer mehr abnehme.
Die richtige Größe für alle Lebenslagen
"Leistbares Wohnen ist nur die halbe Miete, das ist keine ganzheitliche Betrachtung", so Peer. Laut Peer entstehen in den neuen Stadtteilen vorwiegend Drei-Zimmer-Wohnungen zwischen 60 und 70 Quadratmeter, da diese am Markt gefragt wären. "Die Gefahr dabei ist, dass wir andere interessante Formate verlieren. Es ist ja nicht so, dass es in Wien nur Single-Haushalte oder Familien mit einem Kind gibt. Es gibt durchaus auch Großfamilien mit drei bis fünf Kinder, die in der Stadt schwer eine Wohnung finden", sagt er. Was wirklich bei den Smart-Wohnungen wichtig sei, sei die soziale Nachbarschaft. Die Stadt mache das gut, in dem die Wohnungsangebote mit räumlichen Zusatzangeboten wie Gemeinschafts- und Freiflächen unterstützt werden. "Die Frage ist, wie man die Implementierung begleitet, denn die soziale Durchmischung wird kein Selbstläufer, wenn man die Smart-Wohnungen so großflächig ausbaut."
Ein weiterer Aspekt, den Christian Peer von der Technischen Universität anspricht: "Wir haben in Wien einen ganz tollen Trend. Wir haben über Jahrzehnte hinweg beobachtet, dass die durchschnittliche Wohnfläche pro Person steigt und jetzt seit ein paar Jahren verringert sie sich. Das ist raumplanerisch und in ökologischer Hinsicht begrüßenswert. Der nächste Schritt ist, dass man sich die Frage stellen muss, wer zu dieser Flächenreduktion beiträgt? Da kann man schon den kritischen Stachel ansetzen. Sollen es jetzt Menschen sein, die am wenigsten Geld fürs Wohnen ausgeben können und auf noch kleineren Wohnraum wohnen müssen? Auch, die die es sich leisten können, sollten sich über ihren ökologischen Fußabdruck Gedanken machen."