Bestandsschutz ist wirtschaftlich sinnvoll. | Problem bei Benachteiligung eines Partners. | Regelung teilweise zu strikt. | Wien. Was passiert mit einem Unternehmen, das ein Ehepaar gemeinsam oder ein Partner alleine betreibt, wenn die Ehe geschieden wird? Die Frage ist angesichts der hohen Scheidungsquoten - in Österreich wird jede zweite Ehe geschieden - von besonderer Brisanz.
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Dabei stoßen drei unterschiedliche Interessen aufeinander: Jene der zwei Ehegatten und die des Unternehmens. Grundsätzlich kann sowohl der Ehemann als auch die Ehefrau die gerichtliche Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens wie zum Beispiel der Ehewohnung oder des PKWs und der Ersparnisse verlangen. Jeder Partner hat dabei das Interesse, für sich einen möglichst hohen Vermögensvorteil zu erlangen. Das Gesetz sieht daher eine einigermaßen komplizierte Verteilungsregelung vor.
Schutz des
Unternehmens geht vor
Um den Bestand eines vorhandenen Unternehmens und der damit verbundenen Arbeitsplätze nicht zu gefährden, nimmt das Ehegesetz unternehmerisches Vermögen zunächst grundsätzlich vollständig von der Aufteilung aus. Ein Ehegatte hat im Scheidungsfall daher keine vermögensrechtlichen Ansprüche gegenüber dem Unternehmen.
Das Gesetz normiert einen Ausgleichsmechanismus nur, wenn ein Ehegatte Ehevermögen in ein Unternehmen "verschiebt", um es der Aufteilung zu entziehen. Dem benachteiligten Partner steht dafür ein höherer Anteil am Aufteilungsvermögen oder eine Ausgleichszahlung zu.
Kein Ausgleich für
bestimmte Beiträge
Bestimmte Fälle werden von diesem Ausgleichsmechanismus nicht erfasst, das heißt, sie bleiben bei der Aufteilung unberücksichtigt. Das ist etwa dann der Fall, wenn ein Ehegatte durch Kindererziehung oder Haushaltsführung dem anderen die Unternehmensführung ermöglicht, ohne eigenes Vermögen anzusammeln, oder wenn maßgebliche Unterstützungsleistungen in der Aufbauphase des Unternehmens erbracht und dafür Einschränkungen in der ehelichen Lebensführung - zum Beispiel keine Urlaube oder eine Zwei-Zimmer-Wohnung - hingenommen werden. Ähnlich ist der Fall, dass Ehevermögen für wohltätige Zwecke, aber durchaus zum Vorteil für das Unternehmen verwendet wird (zum Beispiel Charity-Veranstaltungen oder Förderung von gemeinnützigen Stiftungen), und der nicht unternehmensführende Ehegatte diese Aktivitäten sogar hauptsächlich organisiert.
Auf rechtspolitischer Ebene sollte daher eine Aufweichung des so strikt durchzogenen Unternehmensschutzes erwogen werden. Ein sachgerechter Ausgleich wäre vor allem dann möglich, wenn zur Berücksichtigung der Interessen des nicht unternehmensführenden Ehegatten auf unternehmerisches Vermögen gegriffen werden könnte, ohne den Bestand des Unternehmens zu gefährden. Anstatt unternehmerisches Vermögen pauschal auszunehmen, könnte der Schutz nur so weit gehen, dass der Betrieb wohl fortbestehen kann.
Völlig anders stellt sich das Schicksal des Unternehmens im Erbfall dar, wo keine vergleichbaren Schutzmechanismen bestehen.
Größere Gefahr im
Erbrecht
Dabei ist ein Unternehmen vielmehr oft in seinem Bestand gefährdet, wenn es mehrere Erben untereinander aufteilen oder ein Erbe wegen Pflichtteilsansprüchen anderer Familienangehöriger gezwungen ist, es zu veräußern. Eine Arbeitsgruppe hat kürzlich Vorschläge erarbeitet, um den Schutz des Unternehmens im Erbfall zu verbessern. Dies wäre gleichzeitig eine gute Gelegenheit, eine Lösung für das Schicksal des Unternehmens im Todes- und Scheidungsfall zu etablieren, die einen gerechten Mittelweg zwischen Berücksichtigung des Unternehmenswohls und entgegenstehenden Interessen der scheidenden Ehegatten sowie sonstiger Beteiligter einschlägt.
Der Autor war wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Bürgerliches Recht und Handelsrecht an der Wirtschaftsuniversität Wien und absolviert derzeit seine Gerichtspraxis. Der ausführliche Beitrag ist in der Zeitschrift für Gesellschafts- und Unternehmensrecht "Der Gesellschafter" vom Linde Verlag erschienen.