Einige wenige Y2K-Skeptiker warnen zwar noch vor dem baldigen Ende des Börsen-Booms. Doch eines scheint schon in wenigen Wochen ganz sicher einzutreten: Zu Beginn des 21. Jahrhunderts wird die | längste Phase ununterbrochenen Wirtschaftswachstums in den USA erreicht sein.
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Nur in den boomenden Nachkriegsjahren konnte eine ähnlich starke und anhaltende Hochkonjunktur erreicht werden. Zu Jahresbeginn hatten führende Wirtschaftswissenschafter noch ein moderates BIP-
Wachstum von 2,4% prognostiziert. Im ersten Halbjahr wuchs die US-Wirtschaft um 3,6 Prozentpunkte, für das Gesamtjahr wird mit durchschnittlich 4,4% Wachstum gerechnet, wobei im letzten Quartal sogar
5,5% erreicht werden sollten.
Wirtschaftsdaten wie aus dem Buch der Rekorde
Die ausgezeichnete Konjunkturlage wird von Rekordwerten bei privaten Konsumausgaben und von hohen Produktivitätsgewinnen im zukunftsorientierten Sektor der Informationstechnologie getragen. Der
Index für das Konsumentenvertrauen erreichte im November den historischen Höchstwert von 135,8 Punkten. Konsequenterweise stieg der Privatkonsum in den ersten 10 Monaten um 7,4% (Gesamtjahr 1998:
6,8%), wobei hier das rekordverdächtige Weihnachtsgeschäft noch hinzukommt.
Die hohen Konsumausgaben sind einerseits auf die niedrige Arbeitslosenrate von derzeit 4,1% · dem niedrigsten Wert in den letzten 29 Jahren zurückzuführen (Spitzenreiter Iowa: 1,8%). Andererseits
stiegen die Reallöhne in den ersten 3 Quartalen um 3,6%. Die Lohnnebenkosten belaufen sich auf moderate 30%. Hinzu kommt noch der sogenannte "Wealth Effect" durch die außergewöhnliche Börsen-Hausse
der letzten Jahre. Durch hohe Aktiengewinne fühlen sich viele Amerikaner in der Lage, mehr und teurer einzukaufen. So verfügen mittlerweile über 30% der Baby Boomer Generation (geboren
zwischen 1946 und 1964) über ein Aktienvermögen von 1 bis 5 Mill. Dollar.
Niedrige Inflation, Preis-Lohn-Druck abgefedert
Trotz überdurchnittlichen Wirtschaftswachstums und Lohnsteigerungen beläuft sich die Inflationsrate auf hochgerechnet nur 1,9%, der geringsten Preissteigerung in 33 Jahren. Der Preis- und Lohn-
Druck wurde bislang durch fallende Energiepreise und hohe Produktivitätsgewinne abgefedert.
Viele Analysten fassen die aktuelle Wirtschaftslage mit dem Schlagwort "New Economy" zusammen. Dazu zählen auch zahlreiche strukturelle Anpassungen der US-Wirtschaft. So wurden vor allem in den 80er
Jahren zahlreiche Wirtschaftszweige einem radikalen Veränderungsmanagement unterzogen und liberalisiert, die staatliche Verwaltung entbürokratisiert und die während des Kalten Krieges für
militärische Forschung verwendeten Budgets für zivile Zwecke umgewidmet.
IT: Märchenhafte Produktivitätsgewinne
Aus vormals restriktiven Finanzdienstleistern wurden flexible Venture Kapitalisten, aus dem verschlüsselten Nachrichtendienst des Pentagon das Internet und aus beinahe bankrotten Autoproduzenten
wieder globale Marktführer. Die Produktivitätsgewinne im Bereich Informationstechnologie erreichten in den letzten 5 Jahren beeindruckende Steigerungsraten von jährlich 40%.
Der US-Notenbank-Chef Alan Greenspan spielte über die gesamte Phase der Hochkonjunktur seit 1992 eine wichtige und stabilisierende Rolle, indem er mit einer proaktiven Zinspolitik die
Wirtschaft einerseits vor einer Überhitzung bewahrte, andererseits im richtigen Moment (Asienkrise) durch Zinssenkungen Investitionen und dadurch das Wirtschaftswachstum belebte. Bei der letzten
Zinsrunde am 16. November wurden die Leitzinssätze um 0,25 Prozentpunkte erhöht (Taggeld: 5,50%, Diskont: 5,00%). Eine weitere Erhöhung wird frühestens Anfang 2000 erwartet.
Die ausgezeichneten Wirtschaftsdaten spiegeln sich auch in einem starken Dollar wieder. Der Euro verlor kontinuierlich an Wert und rutschte Ende November beinahe auf die 1:1-Parität zum Dollar.
Dollar-Höhenflug, Wermutstropfen Handelsbilanz
Einziger Wermutstropfen bleibt das riesige Handelsbilanzdefizit, das täglich um durchschnittlich 1 Mrd. Dollar steigt und heuer den Rekordwert von über 350 Mrd. Dollar erreichen wird. Wichtige
Handelspartner wie Japan, die EU und China steigerten Ihre Ausfuhren in die USA beträchtlich, während die Einfuhren stagnierten.
Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Österreich und den USA verliefen heuer ausgezeichnet. Bis September 1999 konnten österreichische Exporteure Waren im Wert von knapp 27,4 Mrd. Schilling in den USA
absetzen und somit ein Umsatzwachstum von 18% erreichen. Traditionell werden gerade im letzten Quartal die größten Steigerungsraten erzielt, so daß mit einem Gesamtergebnis von 38 bis 40 Mrd.
Schilling gerechnet werden kann. Auch die USA steigerte die Exporte nach Österreich, und zwar um 19% auf knapp 35,5 Mrd. Schilling (September). Die wichtigsten heimischen Exportwaren sind weiterhin
Kraftfahrzeuge, Spezialmaschinen und Anlagen sowie Komponenten der Elektro/Elektronikindustrie.
Österreichs Stärken verhelfen zu Marktanteilsgewinnen
Besonders in den Sektoren Verkehr- und Transportwirtschaft (Kraftwagen, Motoren, Schienenverkehrstechnik), Pharma- und Medizintechnik (Biochemie, medizinische Apparate), Umweltbewusste
Technologien (Wasserwirtschaft, Bioenergie), Konstruktions- und Fertigungstechnik (Straßen- und Brückenbau, Baustoffe, Möbel) sowie Elektronik (Bauelemente, Nachrichtentechnik) sollten
österreichische Firmen auch in Zukunft verstärkt Marktanteile gewinnen können.
Die österreichischen Außenhandelsstellen haben auch im zweiten Halbjahr 1999 zahlreiche österreichische Firmen durch umfangreiche Beratungsleistungen wie der Erstellung von Marktberichten, der
Organisation von Matchmaking Programmen und Studienreisen zu Themen wie E-Commerce und Möbelhandel beim strategischen Exportmarketing unterstützt. Weiters wurden mit Hilfe von Firmenbefragungen
umfangreiche Analysen hinsichtlich der Erfolgsfaktoren österreichischer Niederlassungen in den USA durchgeführt, die Rückschlüsse für neue österreichische Investoren liefern.
Beratung bei Unternehmensgründung in den USA
Allein von der federführenden Außenhandelsstelle New York wurden in den ersten 3 Quartalen mehr als ein Dutzend österreichischer Firmen im Rahmen des Internationalisierungsprogrammes der
Wirtschaftskammer Österreich bei der Unternehmensgründung in den USA beraten. Aufgrund der ausgezeichneten amerikanischen Wirtschaftslage rechnet die Außenhandelsstelle mit einer weiteren
Intensivierung der Handelsbeziehungen zwischen Österreich und den USA im Jahr 2000.