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Genaue Hintergründe bis heute nicht geklärt. | Hatte Ali Agca Komplizen? | Rom. (dpa) Die Bilder gingen wie ein Lauffeuer um die Welt: Es ist der 13. Mai 1981, als plötzlich während der Generalaudienz Schüsse über den Petersplatz peitschen. Papst Johannes Paul II. bricht vor Schmerzen in seinem offenen Papamobil zusammen, nachdem er von den schüssen im Magen und einer Hand getroffen worden ist.
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Täter war der Türke Mehmet Ali Agca, so viel ist sicher. Jedoch wurden die genauen Hintergründe des Papst-Attentats bis heute nicht geklärt. "Verbrechen des Jahrhunderts", nennen Gläubige in Rom noch heute die Tat, die vor 25 Jahren die Welt erschütterte.
"Der Papst verlor sichtlich Blut, die Todesgefahr nahm von Sekunde zu Sekunde zu", beschreibt ein Augenzeuge in dem Buch "Gli angeli custodi del Papa" (Die Schutzengel des Papstes) von Glauco Benigni die dramatischen Augenblicke.
Spekulationen blühen
Kaum eine andere Bluttat unserer Zeit hat derart rätselhafte und mysteriöse Begleitumstände, um kein anderes Verbrechen ranken sich so viele Spekulationen und Gerüchte - begleitet vom beharrlichen Schweigen des Vatikans. Zudem steht bis heute auch noch die Frage im Raum, ob Ali Agca tatsächlich als Einzeltäter gehandelt hat oder einen Komplizen hatte. Es wurden drei Kugeln gefunden, von denen jedoch nur zwei aus der Waffe des Türken stammten.
Als Ali Agca im vergangenen Jänner in der Türkei aus dem Gefängnis entlassen wurde, wo er wegen des Mordes an einem türkischen Journalisten eine Strafe verbüßte, kamen die Erinnerungen an das Attentat in aller Welt noch einmal hoch. Zuvor hatte Agca auch in Italien 20 Jahre im Gefängnis gesessen, bevor er von Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi im Juni des Jahres 2000 begnadigt worden war. Johannes Paul II. hatte seinem Attentäter schon lange vorher verziehen - bei einem historischen Zusammentreffen 1983 in der Zelle Agcas in Rom.
Heute sitzt sich Ali Agca wieder im Hochsicherheitsgefängnis von Kartal im asiatischen Teil Istanbuls - im selben Gefängnis, aus dem er vor vier Monaten "versehentlich" vorzeitig entlassen worden war. Nach offizieller Darstellung lag dem Versehen ein Berechnungsfehler zu Grunde - er muss nun noch bis 2010 in Haft bleiben.
Bulgarische Spur?
Als mögliche Drahtzieher des Papst-Attentats gelten seit jeher östliche Geheimdienste. Von einer "bulgarischen Spur" war immer wieder die Rede, von Agenten aus Sofia, die auf Befehl Moskaus handelten, um den unbequemen Anti-Kommunisten Karol Wojtyla aus dem Weg zu schaffen. Johannes Paul selbst sah das anders und erklärte 2002 bei einer Bulgarien-Reise: "Ich habe nie an die so genannte bulgarische Spur geglaubt." Wenn auch die Hintergründe der Tat nicht geklärt werden konnten, scheint es für Katholiken in aller Welt immerhin eine "überirdische" Erklärung für das Überleben Johannes Pauls zu geben: Dabei geht es um den portugiesischen Ort Fatima, in dem am 13. Mai 1917 drei Hirtenkindern die Jungfrau Maria erschienen war - genau 64 Jahre vor den Schüssen auf dem Petersplatz. "Eine mütterliche Hand hat die Flugbahn der Kugel geleitet", sagte der Papst aus Polen später mit Blick auf die Madonna von Fatima - und ließ eine der Attentats-Kugeln in die Krone der Marienstatue einsetzen.