Papierhersteller beklagen, dass ihnen inländisches Holz ausgeht.
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Graz. Österreich gehört zu jenen privilegierten Ländern, in denen man den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht. Und der Wald wächst auch. Die heimische Papierindustrie vermeldet dennoch Wachstumsraten bei importiertem Holz von 80 Prozent seit dem Jahrtausendwechsel. Und obwohl Österreich zu einem der waldreichsten Länder Europas zählt, stammt bereits ein Viertel des importierten Holzes aus frachtfernen Gebieten wie Venezuela und Kanada. Nun sei auch die Verfügbarkeit aus dem benachbarten Ausland rückläufig, wie Vertreter der österreichischen Zellstoff- und Papierindustrie bei einer Pressekonferenz in Graz mahnten.
Holz gebe es in Österreich zwar zur Genüge, wie Wolfgang Pfarl, Präsident von Austropapier, bekräftigte, dennoch habe der Inlandsbezug der Industrie in den vergangenen 13 Jahren um ein Prozent abgenommen, obwohl im selben Zeitraum vier Millionen Festmeter Holz mehr gefällt wurden. Schuld an dieser Misere sei in erster Linie der "ungebremste und ineffiziente Anstieg der energetischen Nutzung von Holz", sagt Pfarl.
Seit Jahren schon tobt in Österreich eine Art Kampf ums Holz. Die einst starke Papierindustrie sieht sich seit dem Trend zur Biomasse als Energielieferant in einem ungleichen Wettbewerb mit den Betreibern von Großkraftwerken, da Biomasse, also eben auch Holz, gefördert wird.
Dem weiteren Ausbau von derartigen Großkraftwerken müsse Einhalt geboten werden, fordern Pfarl sowie Max Oberhumer, der Geschäftsführer von Sappi Gratkorn. Auch eine Reform des Ökostromgesetzes sei aus volks- und betriebswirtschaftlicher Sicht unumgänglich, sagt Pfarl.
Die Pleite des Biomassekraftwerks im burgenländischen Güssing im Vorjahr hat dem schwelenden Konflikt zwischen Holz- und Papierindustrie neue Dynamik verliehen. Denn seit sich die öffentliche Hand entschlossen habe, dem Ziel der Energieautarkie entschlossen näherzukommen und Biomassekraftwerke zu fördern, sei der Preis von Holz in Österreich gestiegen.
"Vorher gab es paradiesische Zustände für die Papierindustrie, die Preissituation wird sich ändern", sagt der grüne Landtagsabgeordnete in der Steiermark, Lambert Schönleitner. Für ihn ist die Förderung von Biomasse, also eben auch verheizbares Holz, alternativlos. "Viele Haushalte heizen nach wie vor mit Strom", sagt er. Um sich langfristig aus der Abhängigkeit von Öl, Gas oder gar Atomstrom zu lösen, müsse weiter auf Biomasse gesetzt werden. "Wir haben ja den Wald vor der Haustüre."
Dass die Energiewende notwendig ist, streiten auch die Papierproduzenten nicht ab, ihnen geht es aber um eine effizientere Verteilung von Fördergeldern. Laut Oberhumer werden pro Jahr 600 Millionen Euro an Förderungen in Österreich ausgeschüttet, doch der Großteil würde dabei in die Biomasse gehen. Die Industrie fordert eine Begrenzung der Ökostromkosten durch eine Deckelung der Gesamtförderung.
Konflikt mit Landwirten
Der österreichische Biomasseverband beschwerte sich bereits über eine "Inseratenkampagne der Papierindustrie", die er als "Feldzug gegen die Energiewende" wertete. Pfarl und Oberhumer wiesen das zurück, gleich mehrfach betonten sie, dass es dabei nicht um einen Eingriff in die Preispolitik gehe, sondern nur um die Menge.
Antonio Fuljetic, Sprecher des Biomasseverbandes, stellte auf Anfrage der "Wiener Zeitung" klar, dass es sich bei 80 Prozent der Biomasseanlagen um reine Heizkraftwerke handelt. Um Förderungen beziehen zu können, müssen die Anlagen primär Wärme und nicht Strom produzieren. Der österreichische Biomasseverband selbst hält nichts von neuen Kraftwerken. "Was wir wollen, sind kleine, dezentrale und effiziente Heizkraftwerke", so Fuljetic.
Für die Waldbesitzer wies der steirische Landwirtschaftskammer-Präsident Franz Titschenbacher die Vorhaltungen zurück. Seit 2002 habe man um 20 Prozent mehr Holz auf den Markt gebracht, 2012 waren es 18,02 Millionen Festmeter. "Die heimischen Waldbesitzer haben die Durchforstungen stark forciert und somit größere Mengen an Holz für die Papiererzeugung bereitgestellt", sagt er. Diesen Kurs werde die heimische Forstwirtschaft weiter konsequent fortsetzen.
Nicht gelten lassen will Titschenbacher auch die Behauptung, dass die energetische Nutzung von Holz ineffizient sei: "Automatische Holzfeuerungsanlagen aus Österreich erzielen Wirkungsgrade von deutlich über 90 Prozent." Nicht zuletzt deshalb sei die österreichische Technologie in ganz Europa nachgefragt. Österreichische Unternehmen der Bioenergiebranche würden weltweit als Technologieführer gelten.
Regierung will Evaluierung
Die Papierindustrie tritt übrigens auch als Energieerzeuger auf, sie erhält auch Förderungen für Laugenverstromung. Schönleiter von den Grünen lobt in dieser Hinsicht die Produzenten, die Investitionen im Umweltbereich getätigt hätten. Er sagt aber auch: "Es ist legitim und vernünftig, Biomasse zu fördern." Im Regierungsprogramm ist von einer "Evaluierung des Ökostrom-Förderregimes" zu lesen - das Ringen zwischen Landwirtschaftskammer und Industrie wird wohl prolongiert.