Die Errichtung der Linzer Medizinuniversität zeigt beispielhaft, warum in Österreich so viel Geld weitgehend sinnlos verbrannt wird.
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Es kommt ja leider nicht allzu oft vor, dass der Finanzminister wirklich gute Nachrichten für die Bürger hat - aber jetzt ist es so weit, die kleine Sensation ist da: In den ersten neun Monaten des Vorjahres sind die Staatschulden erstmals und auch in absoluten Zahlen signifikant zurückgegangen. Damit hat der Staat erstmals seit 1950 - also nach bemerkenswerten 63 Jahren - seine Verbindlichkeiten tatsächlich abgebaut, ein wenig zumindest. Schon hoffen ein paar optimistische Ökonomen, bis 2020 könne die Staatsschuld wieder auf das von den Maastricht-Verträgen der EU eigentlich vorgeschriebene, aber in den vergangenen Jahren nicht einmal ignorierte Limit von 60 Prozent der Wirtschaftsleistungen absinken.
Eine höchst erfreuliche Nachricht mit einem kleinen Fehler leider: Der darob gut gelaunte Finanzminister heißt nicht Michael Spindelegger, sondern Wolfgang Schäuble, der Schuldenabbau gelingt nicht der österreichischen, sondern der deutschen Regierung. In Österreich dagegen sind auch 2013, in einem nicht eben krisenhaften Jahr, die Schulden weiter gestiegen.
Da stellt sich schon die simple, aber nicht ganz irrelevante Frage: Warum gelingt Österreich nicht einmal annähernd, was die deutsche Administration zustande gebracht hat?
Dies ist umso befremdlicher, als Österreichs Ausgangslage ja nicht schlecht gewesen wäre: Die Wirtschaftsleistung pro Kopf liegt (eine Spätfolge der deutschen Wiedervereinigung) um ein Stück über jener der Deutschen, und der österreichische Fiskus greift traditionell um ein gutes Stück tiefer in die Taschen seiner Steuerzahler als der deutsche. Deshalb liegt die Steuer- und Abgabenquote bei den Nachbarn bei etwa 40 Prozent, während sie in Österreich um ein paar Prozentpunkte darüber liegt.
Dass Deutschland trotzdem gelingt, woran Österreich vorerst scheitert - ein Abbau der übermäßigen Schuldenlast -, hat natürlich vielfältige Gründe, doch der Verdacht liegt nahe, dass sich das kleine Österreich einfach (noch) ineffizientere staatliche Strukturen leistet als die ja auch nicht unteradministrierte Bundesrepublik. Oder, wie das schon vor sechs Jahren Gerhard Steger, damals sozialdemokratischer Sektionschef im Finanzministerium und jetzt in den Rechnungshof übersiedelt, so trefflich formuliert hat: "Man hört immer wieder, dass Schulden für sinnvolle Investitionen eine gute Sache sind. Geschenkt. Aber wir haben nicht Defizite, weil wir so viel investieren. Wir haben Defizite, weil wir in ineffizienten Strukturen Geld verbrennen."
Wie wenig sich daran geändert hat und ändert, zeigt erst in diesen Tagen wieder die Absegnung der Gründung der Medizinuniversität Linz durch den Nationalrat. Für 70 Millionen Euro jährlich sollen dort - dank ÖBB-"Railjet" nur eine gute Bahnstunde von der Meduni Wien entfernt - 300 Studienplätze geschaffen werden.
Das wird vor allem die anderen EU-Staaten freuen. Denn im Vorjahr gingen die Hälfte aller um viel Steuergeld fertig ausgebildeten Mediziner ins nähere Ausland, um dort zu arbeiten. Einen effizienten Staat haben wir uns irgendwie anders vorgestellt.
ortner@wienerzeitung.at