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Das Veto aus Krakau

Von Heiner Boberski

Politik

Kaiser Franz Joseph I. von Österreich wandte 1903 als letzter Monarch das "Ius exclusivae" bei einer Papst-Wahl an, ein von den weltlichen Mächten seit dem 16. Jahrhundert beanspruchtes Recht, um missliebige Papst-Kandidaten zu verhindern.


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"In meiner Eigenschaft als außerordentlicher Gesandter bei dem im Konklave versammelten Heiligen Kollegium ... sowie vermöge der mir erteilten Instruktionen erfülle ich die unangenehme Pflicht zu erklären, dass der k.k. Hof zu Wien Se. Eminenz den Kardinal Severoli nicht als Papst annehmen kann und ihn ausdrücklich ausschließt."

Nach dieser Erklärung von Kardinal Albani im Auftrag Österreichs im Konklave von 1823 war der Kandidat Severoli, der zuvor als Nuntius in Wien den Kaiserhof verärgert hatte, aus dem Rennen. Die Kardinäle murrten zwar über die weltliche Einmischung, gaben aber in solchen Fällen um des Friedens mit den Potentaten willen nach und anderen Kardinälen ihre Stimmen.

Der erste, der das "Ius exlusivae" ("Ausschließungsrecht") in Anspruch nahm, dürfte im 16. Jahrhundert König Philipp II. von Spanien gewesen sein, der letzte im Jahr 1903 Kaiser Franz Joseph. In seinem Auftrag trug der Krakauer Kardinal Kniaz de Kozielsko Puzyna - der Wiener Kardinal Anton Gruscha hatte diesen Dienst verweigert - den kaiserlichen Einspruch gegen Kardinal Mariano Rampolla del Tindaro vor. Rampolla galt als frankophil und hatte Vorbehalte gegen ein kirchliches Begräbnis von Kronprinz Rudolf, da dieser Selbstmord begangen hatte, geäußert. Zwar lag Rampolla zum Zeitpunkt des Vetos an Stimmen voran, aber Kirchenhistoriker meinen, er wäre sowieso nie auf die geforderte Zwei-Drittel-Mehrheit gekommen.

Gewählt wurde 1903 schließlich der Patriarch von Venedig, Giuseppe Sarto, der den Namen Pius X. annahm und für die Zukunft bei Strafe der Exkommunikation für den betreffenden Kardinal alle Einsprüche weltlicher Mächte im Konklave untersagte.

75 Jahre später gehörte Krakau längst nicht mehr zu Österreich, aber der Wiener Kardinal Franz König, einflussreicher Teilnehmer an drei Papstwahlen (1963 und zweimal 1978), war auf den dortigen Oberhirten aufmerksam geworden, wie er Jahre später im Polnischen Klub in Wien erzählte. Er hatte vor dem Konklave im Oktober 1978 den polnischen Primas und Erzbischof von Gnesen-Warschau, Stefan Wyszynski, darauf angesprochen, dass Polen doch einen "papabile" hätte. Wyszynski habe erstaunt erwidert: "Das wäre doch der größte Triumph für die Kommunisten, die schon immer darauf aus waren, mich auf irgendeine Weise von Polen wegzubringen." Auf Königs Hinweis, es gebe "doch noch einen Kardinal in Polen, nämlich in Krakau", habe Wyszynski "etwas leger" gemeint: "Ach der hat doch nicht die geringste Chance, der ist zu wenig bekannt und im übrigen auch ein bisschen jung."

Wie es mit diesem Krakauer Kardinal, Karol Wojtyla, weitergegangen und was aus ihm geworden ist, das ist heute in Österreich mitgeschriebenen Weltgeschichte.