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"Das war erst der erste Akt"

Von Bettina Figl

Politik

Die Parlaments-Hürde ist überwunden, was kommt danach?


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Wien. Auch wenn bis Redaktionsschluss noch kein Endergebnis zum Bildungsvolksbegehren vorlag, stand bereits so viel fest: Die Hürde von 100.000 notwendigen Unterschriften wurde gemeistert - nun muss das Volksbegehren im Parlament behandelt werden. Ist das bereits ein Erfolg und kommen nun die großen bildungspolitischen Reformen?

Vor dem Hintergrund der "beträchtlichen Öffentlichkeitsarbeit" sei das absehbare Ergebnis "nicht überwältigend", resümiert Walter Kissling, Bildungswissenschafter an der Uni Wien. Ob die Politiker die Forderungen aufgreifen, sei davon abhängig, wie die öffentliche Diskussion weitergeführt werde: "Das Volksbegehren war erst der erste Akt." Der Experte ist einer von 52.000 Menschen, die die Unterstützungserklärungen zwischen März und Juli unterzeichnet haben. Auch Eleonora Kleibel, Vorsitzende der Aktion Kritischer Schüler, hat das Volksbegehren unterschrieben. Sie sieht es als Erfolg, dass die Diskussion nun breiter geführt wird und auch Erwachsenenbildung oder Elementarpädagogik umfasst. Für Margret Friedrich, Vizerektorin an der Uni Innsbruck, ist die Förderung von Kleinkindern aus allen sozialen Schichten ebenfalls wichtig. Als deutsche Staatsbürgerin darf sie das Volksbegehren nicht unterzeichnen - wäre es möglich gewesen, hätte sie es getan. Sie hat den Eindruck, dass in Deutschland der Stellenwert von Bildung größer ist, und hofft, dass mithilfe des Volksbegehrens auch hierzulande Bildung und Forschung stärker verankert werden.

Der Hund liegt im Detail

Johanna Zauner, Vorsitzende der Bundesjugendvertretung (BJV), will den Erfolg des Volksbegehrens daran messen, wie es im Parlament behandelt wird. Politiker würden in Hinblick auf die nächsten Wahlen gut daran tun, das Volksbegehren nicht zu ignorieren. Der BJV fehlt im Volksbegehren die Deklaration gegen Studiengebühren.

Ganz anders sieht das freilich Michael Landertshammer von der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ): Der Leiter der bildungspolitischen Abteilung hätte sich in dem Forderungskatalog nicht nur Studiengebühren, sondern auch eine generelle Zugangsregelung an den Unis gewünscht. Die WKÖ unterstützt das Volksbegehren: "Alles, was Stillstand vermeidet, sehen wir positiv", so Landertshammer, der sich zudem für verpflichtende Potenzialanalysen bis zum Ende der Schulpflicht sowie für mehr Durchlässigkeit ausspricht. So sollte es Lehrlingen erleichtert werden, Zugang zu einem Bachelor-Studium zu bekommen. "Viele Forderungen sind nicht so präzise, wie sich das jeder Einzelne erhofft hat", so Hochschulexperte Hans Pechar. Er sieht das Bildungsvolksbegehren zwar nicht als "überragenden Erfolg", dennoch sei es ein klares Signal, wenn eine so große Zahl von Menschen sagt, es laufe etwas falsch.

Dass das Volksbegehren große bildungspolitische Umwälzungen bewirken wird, glaubt Stefan Hopmann nicht. Der Bildungswissenschafter der Uni Wien stand dem Volksbegehren von Beginn an kritisch gegenüber. Er glaubt es werde "eine kurze, heftige Parlamentsdebatte" geben, auf die nichts mehr folgen werde. Seiner Ansicht nach wäre es sinnvoller gewesen, sich beim Volksbegehren auf drei bis vier Eckpunkte zu einigen und diese klar zu kommunizieren. Hoppmann attestiert der österreichischen Bildungspolitik "chronische Entscheidungsunfähigkeit".