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"Das waren volatile Zeiten"

Von Daniel Bischof

Politik

Finanz-Kabinettschef Niedrist wurde zur Razzia bei Blümel und Postenbesetzungen befragt.


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Das Finanz- und Justizministerium sind jene Ressorts, auf denen im ÖVP-U-Ausschuss der Fokus liegt. Einblicke in beide Ministerien hat Clemens-Wolfgang Niedrist. Er wurde am Mittwoch im U-Ausschuss befragt. Niedrist leitete das Kabinett von Ex-Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) und nimmt diese Position auch unter dessen Nachfolger Magnus Brunner (ÖVP) ein. Zuvor war Niedrist im Justizressort tätig gewesen.

Zu Beginn wurde Niedrist zur Hausdurchsuchung bei Blümel im Februar 2021 befragt. Blümel wird von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) vorgeworfen, dass er Novomatic bei Steuerproblemen in Italien geholfen haben soll. Im Gegenzug soll der Glücksspielkonzern Spendenangebote an die Volkspartei gemacht haben.

In der Causa führten die Ermittler eine Razzia bei Blümel durch. Sichergestellt werden sollte auch ein Laptop, der sich zum Zeitpunkt der Hausdurchsuchung nicht in Blümels Wohnung befand. Diesen führte damals gerade Blümels Lebensgefährtin, die mit dem gemeinsamen Kind unterwegs war, mit sich.

Er sei am Tag der Razzia von Blümel kontaktiert und gebeten worden, den Laptop abzuholen und in die Wohnung zu bringen, sagte Niedrist. Er habe daraufhin die Lebensgefährtin bei einer U-Bahnstation getroffen, den Laptop übernommen und in die Wohnung Blümels gebracht.

"Sie hatte keinen Kinderwagen mit sich"

Für Debatten hatten Berichte gesorgt, wonach die Lebensgefährtin den Laptop in einem Kinderwagen verstaut und spazieren gefahren habe. "Sie hatte keinen Kinderwagen mit sich", sagte Niedrist. Der Laptop habe sich in einer Wickeltasche befunden. Nähere Details zum Inhalt auf dem Gerät habe er nicht.

Gegen Niedrist wird rund um die Causa wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses ermittelt. Er soll dem damaligen Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek nämlich die Sicherstellungsanordnung gegen Blümel geschickt haben. Zu Fragen dazu entschlug sich Niedrist im U-Ausschuss.

Der Kabinettschef gab aber an, dass er infolge der Razzia zu Strafrechtlern und Anwälten Kontakt aufgenommen habe, um deren Einschätzung zu erfahren. Darunter Eckart Ratz, Ex-Präsident des Obersten Gerichtshofes. Ratz und die anderen Juristen seien sehr skeptisch gewesen, ob solch eine "dünne Grundlage" bei den Vorwürfen derart massive Grundrechtseingriffe wie eine Razzia rechtfertigen können. Letztlich habe Blümel aber kein Rechtsmittel gegen die Razzia erhoben, weil eine Beschwerde die Ermittlungen nur verlängert hätte, meinte Niedrist.

Mitarbeiter wollten wechseln

Neos-Fraktionsführerin Stephanie Krisper befragte Niedrist näher zu dessen Absichten, den Job wechseln zu wollen. Krisper zitierte aus ihr vorliegenden Mails: Demnach äußerten Niedrist und andere Finanz-Kabinettsmitarbeiter den Wunsch, vom Ministerkabinett in die Verwaltung zu wechseln. Die Mails wurden in der Zeit rund um die Hausdurchsuchungen der WKStA in der Inseratenaffäre im Oktober 2021 geschrieben. In der Personalabteilung sei gleich eine Liste angelegt worden, auf welche Posten in der Verwaltung die Kabinettsmitarbeiter angesiedelt werden sollen, hielt Krisper Niedrist vor.

"Das waren volatile Zeiten politisch, und da wächst bei vielen der Wunsch, etwas anderes zu machen", sagte der Kabinettschef. Auch stehe die Hausdurchsuchung in "einem größeren Zusammenhang". Nach vielen Ereignissen und Jahren in der Politik sei bei ihm der Wunsch gewachsen, sich beruflich umzuorientieren und eine längerfristige Alternative zur Politik zu bekommen. Er wisse nicht, ob dann überhaupt jemand gewechselt sei, erklärte Niedrist. Das sei ja auch "dann doch nicht nötig gewesen", ergänzte Krisper.

Kanzleramt will Geld von Karmasin

Neuigkeiten gibt es rund um die in der Inseratenaffäre beschuldigte Ex-Ministerin Sophie Karmasin (ÖVP). Sie hat zwar einen Teil ihrer Minister-Gehaltsfortzahlung zurückgezahlt, dies könnte aber zu wenig gewesen sein. Wie der ORF am Dienstagabend berichtete, hat das Kanzleramt die Finanzprokuratur beauftragt, offengebliebene Ansprüche gegen Karmasin einzufordern. Karmasin hatte zwar rund 62.000 Euro überwiesen, soll aber insgesamt mehr als 74.000 Euro Bezugsfortzahlung erhalten haben.

Politiker, die aus dem Amt ausscheiden und keinen Anspruch auf Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit haben, bekommen auf Antrag weiter 75 Prozent der Monatsbezüge für maximal sechs Monate. Anfang März war öffentlich bekannt geworden, dass Karmasin nach Ende ihrer Amtszeit eine Gehaltsfortzahlung beantragt hat, obwohl sie andere Einkünfte hatte. Sie veranlasste daraufhin eine Rückzahlung, da die "Optik nicht gut" sei.