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Vielleicht hätte Justizministerin Claudia Bandion-Ortner die Standesvertreter der Richter und Staatsanwälte doch zu jenem Expertengespräch am 1. April im Ministerium, wo es um das Thema "Kommunikation in der Justiz" ging, einladen sollen. Geschadet hätte es nicht. Vielmehr wurde damit eine günstige Gelegenheit versäumt, mit den von ihr kritisierten Staatsanwälten über die Gründe für das mangelnde Vertrauen der Bevölkerung in die heimische Justiz zu sprechen.
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Stattdessen ließ Bandion-Ortner die Oberstaatsanwälte zu sich ins Büro zitieren - und verpasste ihnen für ihre "mangelhafte Bereitschaft, in politisch heiklen Ermittlungsverfahren effizient und zügig zu ermitteln", eine veritable Kopfwäsche. Was auf den ersten Blick nach einem Akt der Stärke und Souveränität aussehen hätte sollen, entpuppte sich zuletzt als schwerwiegender Fehler. Denn Bandion-Ortner hatte es gewagt, für diesen Zweck ein zwar verfassungsrechtlich gedecktes, dafür aber umso verpönteres Recht für sich in Anspruch zu nehmen: das ministerielle Weisungsrecht.
Die angebliche Faulheit von Staatsanwälten ausgerechnet mit dem umstrittenen Instrument der Weisung bekämpfen zu wollen, musste sich als Bumerang erweisen. Zumal es die Justizbeamten waren, die sich in der Vergangenheit immer wieder zu Wortführern gegen das umstrittene Weisungsrecht aufgeschwungen hatten - und in diesem Punkt die öffentliche Meinung meistens hinter sich wussten. Das Umfeld der Ministerin ist nun um Schadensbegrenzung bemüht: Sie habe den Menschen nur das "Signal" geben wollen, dass sie sich als Justizministerin um die seit Jahren offenen Verfahren gegen die Herren Grasser, Meinl und Co. kümmere, heißt es.
Den oppositionell eingestellten Standesvertretern von Staatsanwaltschaft und Richterschaft hat die Politikerin mit diesem Akt einen Dienst erwiesen. Für ihre Gegner wird es nun ein Leichtes sein, das gut gemeinte "Signal" öffentlichkeitswirksam als "gefährliche Zündelei" und als Angriff gegen die Unabhängigkeit der Justiz darzustellen. Was wiederum von der Bevölkerung wohl so geglaubt werden wird. Das Ziel, das Vertrauen und die Glaubwürdigkeit der Menschen in die Justiz zurückzugewinnen, ist somit wieder in weite Ferne gerückt.
Da nutzt es auch nichts, die Vorwürfe der Staatsanwälte, Bandion-Ortner würde parteipolitische Einflussnahme zulassen, zu wiederholen - und im gleichen Satz zu verneinen. Was in dieser Situation noch helfen könnte? Auch wenn es politisch nicht durchzusetzen sein wird: die Abschaffung des Weisungsrechtes. Damit ließe sich das verlorene Vertrauen wohl eher wieder herstellen.