Als "Schlüsselbranche, die in diesem Jahr die Schallmauer von 200 Mrd. Schilling durchbrechen wird", bezeichnete Wirtschaftsminister Martin Bartenstein beim diesjährigen Tourismusforum der Wirtschaftskammer in St. Johann im Pongau die österreichische Tourismuswirtschaft. Das Tourismusforum stand unter dem Motto "Ticket in die Zukunft, Strategien und Technologien für das neue Jahrtausend".
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 24 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
In seltener Übereinstimmung waren sich vom Minister bis zum Gewerkschafter alle einig, dass der Tourismus für Österreich eine bedeutende Rolle spielt. Klar war aber auch, dass innovative Entwicklungen und vermehrtes Wissensmanagement notwendig sind, um die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs als Tourismusdestination zu festigen. Da mag es zwar gut in Österreichs Kram passen, dass die bevorstehende Verteuerung des Flugbenzins Fernreisen teurer machen wird, aber das allein wird die Gäste wohl nicht in Scharen nach Österreich treiben. Natürlich machen auch die neuesten Zahlen des Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO) Mut, denen zufolge eine anhaltende Aufwärtstendenz im Tourismus zu verzeichnen ist: Steigende internationale Nachfrage, um siebeneinhalb Prozent höhere Ausgaben der Österreicher für Inlandsaufenthalte und endlich wieder ein respektabler Überschuss in der Reiseverkehrsbilanz. Nach mehr als 70 Mrd. Schilling zu Beginn der 90er Jahre war der Überschüss 1997 auf 18,8 Mrd.Schilling gesunken. 1999 wurde konnte ein Überschuss in der Reiseverkehrsbilanz von 33,3 Mrd. Schilling realisiert werden.
Für die Tourismuspolitik bedeuten laut WIFO die Globalisierung der Freizeit- und Tourismusmärkte und die rasanten Veränderungen der internationalen Wettbewerbsbedingungen eine wichtige Herausforderung. Das Zauberwort für die Zukunft lautet auch in diesem Bereich Internet. Reisebuchungen sind laut Studien die führende Anwendung von elektronischem Handel im Internet. Dass auch die heimische Branche auf den E-Commerce-Zug aufspringen will, darüber gab es beim Tourismusforum keinen Zweifel.
Während die einen davon überzeugt sind - und das durch verschiedene Befragungen und Untersuchungen belegen können -, dass auch in Zukunft das Reisebüro die wichtigste Informations- und Buchungsstelle bleiben wird, sind andere ebenso davon überzeugt - und können das auch durch verschiedene Studien belegen -, dass das Internet die alleinseligmachende Lösung bietet. Fachleute wie Heidi Fritzsche vom Münchner Tourismusinstitut IPK empfehlen den Anschluss an professionelle Vertriebssysteme und mehr Investitionen in Medienwerbung. Ferdinand Posnik von der Kärnten Werbung hat Kärntens Tourismusangebote schon vor Jahren vernetzt und gilt als Österreichs E-Commerce-Mann der ersten Stunde. Auf die Buchungszahlen hat sich das aber nicht wirklich ausgewirkt.
Wilfried Kropp, Geschäftsführer von Amadeus Austria, einem der führenden Reservierungssysteme Österreichs, sieht einen gewissen Kontrast zwischen unternehmerisch organisierter Vermarktung und halbstaatlichem Fremdenverkehr. Zu glauben es genüge, bunte Prospekte ins Internet zu stellen, sei reichlich naiv, so der Tenor. Homepages sonder Zahl schwirren im world-wide-web umher, ohne von Usern gefunden zu werden. Ziel müsse eine länderübergreifende Lösung sein. So könnte etwa die Österreich Werbung einen leicht auffindbaren "Marktplatz" zur Verfügung stellen, die "Stände" müssten dann von den Bewerbern selbst bestellt werden, schlug der Freizeitwirtschafts-Experte Wolfgang Amanshauser von Siemens vor.
Neue prozess- und kundenorientierte Konzepte erachtet auch das WIFO für notwendig. Nicht mehr Hotels, Bergbahnen oder Restaurants sollten im Vordergrund stehen, sondern Destinationen, die klar sagen wer und was sie sind.
Dass das in Österreich so beliebte Kirchturmdenken einem neuzuschaffenden regional übergreifenden Marketingkonzept nicht gerade dienlich sein wird, stand außer Diskussion. Auch müsse jedem klar sein, dass das Erstellen und Pflegen einer professionellen Homepage mit hohen Kosten verbunden sei.
Eine Möglichkeit zur Vermarktung leerstehender Betten - in Österreich sind das immerhin über 70 Prozent - sprach Thomas Böhm, European Travel Director bei einem der führenden pan-europäischen Internet-Auktionshaus, an: Die Versteigerung freier Kapazitäten im Internet. Der typische Internet-User ist übrigens 25 bis 40 Jahre alt, männlich, verfügt über ein hohes Haushaltseinkommen und eine hohe Bereitschaft zu spontanen Reisen.