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Das Ziel heißt Vollbeschäftigung

Von Georg Friesenbichler

Europaarchiv

Die in der vergangenen Woche vorgelegten Pläne zur Revision der Lissabon-Strategie hatten der EU-Kommission von Seiten der Sozialisten und der Grünen den Vorwurf eingetragen, den Schwerpunkt ihrer Arbeit ausschließlich auf Wirtschaftsfragen zu legen. Gestern wurde nun die Sozialagenda für die nächsten fünf Jahre vorgelegt, die diesen Eindruck korrigieren soll.


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Der zuständige EU-Kommissar Vladimir Spidla hatte schon im Vorfeld erklärt, die "Soziale Agenda" sei genauso wichtig wie die vor einer Woche präsentierten Ziele zur Wettbewerbsfähigkeit: "Diese Kommission will ein Gleichgewicht zwischen Wirtschaft, Sozialem und Umwelt. Ein Schlüsselbegriff in unserem Dokument heißt 'nachhaltige Entwicklung'. Das heißt: Ohne sozialen Schutz kann es in der Europäischen Union keine tragfähige wirtschaftliche Entwicklung geben."

Speziell gehe es um Arbeitsplätze, "und damit meinen wir nicht Billigjobs, sondern Arbeitsplätze mit Qualität, mit Würde", meinte er gegenüber der "Süddeutschen Zeitung". Zwar könne es wegen der unterschiedlichen sozialen System in Europa keine einheitliche Sozialpolitik geben, Brüssel könne aber verbindliche Standards setzen.

Allgemein formuliert die Kommission in der Agenda drei Voraussetzungen für Erfolg: Es müsse einen Ansatz beim Generationenvertrag mit Schwerpunkt auf die Jugend geben, eine "Veränderungspartnerschaft" mit Sozialpartnern und Zivilgesellschaft erzielt sowie das Hauptaugenmerk auf die soziale Dimension der Globalisierung gelenkt werden.

Die hoch gesteckten Ziele sind Vollbeschäftigung und größerer gesellschaftlicher Zusammenhalt mit gleichen Möglichkeiten für alle. Um diese zu erreichen, sollen bis 2010 eine ganze Reihe von Initiativen gestartet werden, deren Titel freilich eher allgemein gehalten sind.

Einige der in der Agenda angeführten Punkte sind allerdings so kritisch, dass der Verband der britischen Industrie (CBI) schon vorweg ablehnend reagierte. CBI-Direktor Sir Digby Jones erklärte laut "Guardian", dass die Vorschläge für die sozialpolitische Agenda die Hoffnungen der Unternehmenswelt, dass die Kommission reformorientiert sei, enttäuschen würden. Gewerkschaftsvertreter reagierten hingegen positiv.

Kollektivverträge europaweit

Ein Punkt, der wohl noch für etliche Diskussionen sorgen wird, ist die Schaffung eines gesamteuropäischen Arbeitsmarktes - was die Möglichkeit für grenzüberschreitende Kollektivvertragsverhandlungen zwischen den Sozialpartnern beinhaltet. Arbeitnehmern soll die vollständige Mitnahme ihrer Pensions- und Sozialversicherungsansprüche bei Beschäftigung in einem anderen EU-Land ermöglicht werden.

Förderung von Frauenjobs

Sorgenvoll blickt die EU-Kommission auch auf die Beschäftigungsquote der Frauen, die EU-weit weiterhin 16 Prozentpunkte unter der der Männer liegt. In Griechenland, Italien und Malta gibt es sogar eine 25 Prozent-Kluft. Das geschlechtsspezifische Lohngefälle hat sich seit 2001 um einen Prozentpunkt verringert und liegt noch immer bei 15 Prozent. Portugal und Italien liegen hier am besten, am deutlichsten unterscheiden sich die Löhne zwischen den Geschlechtern in Großbritannien, Irland - und in Österreich.

Der Ausbildungsstand der Frauen hat sich hingegen deutlich verbessert: Mittlerweile erwerben mehr Frauen einen Hochschulabschluss als Männer. In der neuen sozialpolitischen Agenda ist jedenfalls die Schaffung eines "European Gender Institute" vorgesehen, das die Schaffung und Einhaltung von Gesetzen zur Gleichberechtigung der Geschlechter überwachen soll.

Geregelte Zuwanderung

Ein weiterer großer Problembereich ist die Alterung in Europa. Laut Schätzungen der Kommission wird es im Jahr 2010 bereits 18,8 Millionen Über-80-Jährige gegeben, 2030 sollen es schon 34,7 Millionen sein. Einen Lösungsansatz für die dadurch geringere Zahl aktiver Arbeitnehmer sieht Spidla ebenso wie EU-Justizkommissar Franco Frattini in der Regelung der legalen Zuwanderung.

Die deutsche Rekordarbeitslosigkeit lässt der ehemalige tschechische Ministerpräsident als Argument gegen gesteuerte Zuwanderung nicht gelten. Als Gegenbeispiel nennt er Österreich: Es habe prozentual kaum weniger ausländische Arbeitnehmer, doch seine Arbeitslosenquote (nach EU-Definition) sei mit etwa 4,5 Prozent weniger als halb so hoch wie die deutsche.