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Österreich wolle seinen Arbeitsmarkt selbst definieren. Daher sei im Falle eines EU-Beitritts der Türkei "völlige Freizügigkeit" für Arbeitnehmer "denkunmöglich", erklärte gestern Bundeskanzler Wolfgang Schüssel.
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Als "Textbausteine, die jedoch noch große Lücken enthielten" bezeichnete Bundeskanzler Schüssel den Gipfelentwurf der niederländischen EU-Präsidentschaft für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Nicht definiert bleiben nämlich vorerst das Datum für den Beginn der Gespräche sowie deren Ziel.
Letzteres ist für Schüssel aber klar. Der Bundeskanzler, der auch als Türkei-Koordinator der EVP fungiert, macht deutlich, dass eine "völlige Freizügigkeit" im Bereich des Arbeitsmarktes "denkunmöglich" sei - und so gesehen auch ein Vollbeitritt der Türkei. Die Offenheit des Verhandlungsziels müsse optimal verankert sein.
Der - nicht nur - von Österreich gewünschte Hinweis auf eine andere Variante als den Vollbeitritt der Türkei ist in dem Gipfelentwurf allerdings nicht enthalten. Daher reicht der niederländische Vorschlag auch der deutschen CDU nicht aus. Erst "die Öffnung für einen alternativen dritten Weg" zwischen dem heutigen Zustand und der EU-Vollmitgliedschaft sei akzeptabel, betonte der Vorsitzende des Europaausschusses des Bundestages, Matthias Wissmann.
Zypern bleibt Streitpunkt
Eine der Bedingungen, die die EU an die Türkei stellt, ist eine Anerkennung der Republik Zypern. Zurückhaltend reagierte der zypriotische Außenminister George Iakovou darauf. "Wir können darauf aufbauen", sagte er. Staatspräsident Tassos Papadopoulos hatte ein Veto gegen die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen nicht ausgeschlossen, sollte die Türkei Zypern nicht anerkennen.
Doch dafür müssten laut Ankara einige Vorgaben erfüllt werden. Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete, knüpft der türkische Nationale Sicherheitsrat die Anerkennung Zyperns an bestimmte Voraussetzungen - ohne auf Details einzugehen. Möglich ist aber, dass die Türkei den Druck auf die EU verstärken möchte, die internationale Isolation Nordzyperns aufzuheben. Der nur von Ankara anerkannte türkische Teil der Mittelmeerinsel könnte andernfalls in Vergessenheit geraten. Eine Lösung zur Wiedervereinigung des geteilten Landes könnte damit in weite Ferne rücken.