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Das Zögern der Condoleeza Rice: Die Demokraten wollen nicht warten

Von Georg Friesenbichler

Analysen

In den USA wird derzeit heftig über die künftige Irak-Politik diskutiert und spekuliert. Der neue Verteidigungsminister Robert Gates eilte kurz nach Amtsantritt zu den US-Truppen, um sich an Ort und Stelle über die verfahrene Lage im Zweistromland zu erkundigen. Präsident George W. Bush überlegt eine kurzfristige Aufstockung des Kontingents. Nur eine ist auffallend schweigsam: Außenministerin Condoleezza Rice.


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Lange Zeit wurde sie als Gegenpol zu der neokonservativen Attitüde des abgetretenen Verteidigungsministers Donald Rumsfeld gesehen. Ihr wird es zugeschrieben, dass die USA ihren Konfrontationskurs gegenüber dem Iran etwas mäßigten und die Zusammenarbeit mit den Europäern forcierten, um das Teheraner Regime zum Stopp seines Nuklearprogramms zu bewegen.

Heute wendet sich Rice allerdings gegen den Vorschlag der Baker-Kommission, das Gespräch mit Iranern und Syrern zu suchen, um die Gewalt im Irak einzudämmen und ein Bürgerkriegs-Chaos im Libanon zu verhindern. Sie werde als Preis für einen Frieden im Irak nicht die Souveränität des Libanons aufgeben oder zulassen, dass der Iran Atomwaffen erhält, meinte sie kürzlich. Zugeständnisse lehnte sie ab.

Zu den Plänen eines Irak-Abzugs hat sich Rice bisher hingegen nur ausweichend geäußert, auch wenn Mitarbeiter versichern, dass sie hinter den Kulissen eifrig an Konzepten mitarbeite. Kritiker in Washington wollen davon nichts bemerkt haben. Sie erneuern ihre alten Vorwürfe, die Außenministerin habe gar keine eigene Meinung und folge letztlich nur der Stimme ihres Herrn.

Vergleichsweise offen agiert hier ihr neuer Kollege im Pentagon. Bob Gates hat sehr rasch seine Zweifel an einem Sieg im Irak kundgetan. Damit konnte er sich die Zustimmung vieler Senatoren der Demokratischen Partei zu seiner Ernennung sichern.

Möglicherweise deutet sich hier eine Art Arbeitsteilung an: Gates, der Rice aus der gemeinsamen Arbeit im Nationalen Sicherheitsrat kennt, könnte sich vor allem um den Irak kümmern, während sich die Außenministerin der anderen Unruheherde im Nahen Osten annimmt. Sie werde 2007 "enorm viel Zeit" der Suche nach einer Nahost-Friedenslösung widmen, kündigte sie an. Im Jänner will sie nach Israel und Palästina reisen, im palästinensischen Machtkampf soll Präsident Mahmoud Abbas finanziell unterstützt werden.

Die Demokraten vertrauen dem unklaren Regierungskurs jedenfalls nicht: Eine Woche nach US-Senator Bill Nelson flogen seine Kollegen, Ex-Präsidentschaftskandidat John Kerry und Chris Dodd nach Damaskus, um die Verständigungsmöglichkeiten mit den Syrern auszuloten.

Damit deutet sich an, dass die neue Mehrheit im Kongress nicht gewillt ist, den formalen Zuständigkeiten folgend die Außenpolitik völlig der Regierung zu überlassen. Weißes Haus und Außenministerium zeigten sich entsprechend irritiert. Seiten 7und 8