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Die Entscheidungen, die die EU-Regierungschefs zum griechischen Drama treffen, werden die Dynamik der Europäische Union auf Jahre hinaus neu definieren. Im Kern geht es um die Souveränität und die Rolle der einzelnen Mitgliedstaaten im Verhältnis zum größeren Ganzen, letztlich um die Frage Staatenbund oder Bundesstaat.
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Dass sich Staatenlenker - und mit ihnen die Spitzen der europäischen Institutionen - der Tragweite ihrer Handlungen in dieser kritischen Situation bewusst sind, zeigt ihr Zögern im Falle der Finanzhilfen für Griechenland: Es geht eben nicht nur um rasche Hilfe für eine relativ kleine, verhältnismäßig unbedeutende Volkswirtschaft an der südöstlichen Peripherie der Union. Zur Debatte steht die Schaffung eines Präzedenzfalles, hinter den es, ist der Schritt einmal gesetzt, kein Zurück mehr geben kann. In dieser Lage empfiehlt es sich, lieber doppelt und dreifach nachzudenken, als sich - angesteckt von der schnelllebigen Hysterie der Finanzmärkte - zu schlecht und unvollständig durchdachten Handlungen hinreißen zu lassen.
Die Union ist eine Solidargemeinschaft, daran darf kein Zweifel bestehen. In Not geratenen Mitgliedern muss und soll geholfen werden. Aber auch dann, wenn diese sehenden Auges in den finanzpolitischen Abgrund gerannt sind?
Griechenland muss sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen, in den es sich selbst hineinmanövriert hat. Die Euro-Partner sollen dabei alle Kreativität aufbringen, um den gestrauchelten Hellenen wieder auf die Beine zu helfen - dies aber, wie es nun offensichtlich geplant ist, verschämt und hinter den Kulissen, nicht aber als offizielle kollektive Hilfsaktion. Und auch dies nur im Gegenzug für ein entschlossenes Sanierungsprogramm der griechischen Regierung.
Alles andere würde die gewählte nationale Regierung in Athen de facto entmachten und Brüssel die Zügel über ein Land in die Hand geben. Das aber würde Europa und seine Bürger überfordern. Bevor es zu solch einem Szenario kommt, sollte die Union zunächst einmal an der demokratischen Legitimierung ihrer eigenen Institutionen weiterarbeiten. Noch hat nämlich die Demokratie in den einzelnen Nationalstaaten ihr Fundament.