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Dashni Murad ist sexy - unbestritten. Über die Musik, die sie macht, sollte man nicht streiten - und tut es doch. | "Ah...ahh...ah-a-ah . . . na-na-nah", haucht Murad in ihrem Lied "Hela Hupa" und schwingt dazu ihre Hüften, ihr Dekolletee und eigentlich so ziemlich alles, was sich an ihrem Körper bewegen lässt. Im Westen ist das für Konsumenten von Musikvideos nichts Außergewöhnliches, doch in ihrer Heimat, dem kurdischen Teil des Irak, spaltet die 23-Jährige damit ein Volk.
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"Das ist eher ein Porno als Musik. Dashni zerstört die Schönheit der kurdischen Kultur." Durchforstet man die Reaktionen auf Murads Videos im Internet, bekommt man schnell eine Ahnung davon, welch Ablehnung und Hass der Sängerin entgegenschlagen. Imame beschimpfen sie und Fernsehsender verweigern die Ausstrahlung ihrer Auftritte, da sie der Meinung sind, sie untergrabe die kurdische Moral.
Dabei ist der nördliche Teil des irakischen Kurdistans der sicherste Teil des Landes und gleichzeitig jener, der als fortschrittlichster gilt. Trotzdem ist die muslimische Gesellschaft dort tief konservativ und Ehrenmorde sind ebenso Realität wie weibliche Beschneidung.
Da ist Dashni Murad für die Jugend, die aus diesem bedrückenden System ausbrechen will, ein Lichtblick. "Ich will den kurdischen Stil ändern", sagte sie in einem Interview in der Regionalhauptstadt Arbil. Die alte Kultur sei halbtot. "Ich will, dass die Jugend mich tanzen sieht."
Damit sollen einer neuen kurdischen Generation die westlichen Werte von Freiheit vermittelt werden, die sie selbst in Holland erlebt hat. Dorthin sind Murads Eltern ausgewandert, als Dashni neun Jahre alt war. Damals hatte das irakische Kurdistan blutige Unterdrückung des Saddam-Hussein-Regimes hinter sich und befand sich in einem bürgerkriegsähnlichen Zustand.
Als sich die Lage 2005 wieder beruhigt hatte, kehrte Murad in ihr Geburtsland zurück. Hatte sie bis dahin als Model gearbeitet, startete sie nun eine Karriere als Fernsehmoderatorin. In der "Dashni-Show" sprach sie über Liebesbeziehungen und Sex - ein schwerer Tabubruch. Sie holte Paare an die Öffentlichkeit, die ihre Zwangsheirat gestanden, obwohl diese offiziell verboten ist.
Letzten Sommer schließlich brachte sie ihr erstes Musikalbum heraus. Ihr großes Vorbild, erklärte sie, sei die kolumbianische Sängerin Shakira. Ebenso wie diese besticht sie in ihren Musikvideos mit erotischen Choreographien und aufreizendem Gebaren. Jugendliche sind davon begeistert, Konservative weniger. Doch erstaunlicherweise stieß Murad damit auch bei progressiven Kräften auf Widerstand.
Susan Aref, Direktorin der kurdischen Organisation für Frauenrechte, empörte sich und erklärte, Murads Bewegungen bedeuteten einen Rückschritt für die Frauenrechte: "Wir wollen Frauen nicht befreien, indem wir ihre Körper befreien." Für Dashni Murad ist es umgekehrt eine Demonstration des Rechts der Frauen auf freien Umgang mit ihrem Körper. Außerdem sei es "eine Botschaft an kurdische Frauen, härter daran zu arbeiten, in den Medien präsent zu sein". Bremsen lässt sie sich nicht: Nächsten Sommer erscheint ihr neues Album.