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Datenaffäre um AvW-Geschädigte alarmiert Datenschützer

Von Kid Möchel

Wirtschaft
Datenschützer Zeger geht mit Justiz hart ins Gericht.

Hans Zeger ortet eine gigantische Rechtsschutzlücke.
| Niederösterreichischer Richter beantragte nun Datenlöschung bei Google.


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Wiener Neustadt. Die mutmaßliche Verletzung des "Datenschutzes" durch eine Internetpanne am Landesgericht Wiener Neustadt zieht weitere Kreise. Wie berichtet, wurden die Namen hunderter AvW-Geschädigter, die über ihre Anwälte Sammelklagen gegen den früheren AvW-Wirtschaftsprüfer Moore Stephens Ehrenböck eingebracht haben, irrtümlicherweise ins Internet gestellt. Die Daten dieser "MSE Akten Verwaltung" samt entsprechender Gerichtsbeschlüsse sind über Google weiterhin abrufbar - obwohl die diesbezügliche Homepage offline ging. Denn die Daten sind im sogenannten Cache von Google, einem Zwischenspeicher, nach wie vor vorhanden.

"Der Kollege Wöhrer hat bei Google einen Antrag auf Löschung der Daten gestellt. Wann das von Google umgesetzt wird, entzieht sich unserer Kenntnis", sagt Hans Barwitzius, Sprecher des Landesgerichts Wiener Neustadt. Laut Barwitzius gilt Richter Peter Wöhrer, der die Datenbank und Homepage der MSE Aktenverwaltung für die AvW-Sammelklagen konzipiert hat, in Sachen Internet und Computer "als sehr versiert". Die Anlegeranwälte Michael Bauer und Erich Holzinger, die rund 900 betroffene AvW-Anleger (32 Sammelklagen) vertreten, haben zwei Beschwerden bei Gericht eingebracht. Sie orten "durch die im Internet öffentlich erfolgte Preisgabe von Namen im Zusammenhang mit den anhängigen Gerichtsverfahren" eine Datenschutzverletzung.

Kritik an der Justiz

"Dass die Justiz mit moderner Informationsverarbeitung und IT-Sicherheit auf Kriegsfuß steht, ist seit den Problemen mit den Exekutionsdaten bekannt", sagt Österreichs renommiertester Datenschützer Hans Zeger (Arge Daten). "Fahrlässig, wenn nicht grob fahrlässig schert man sich nicht um Sicherheitsmaßnahmen." Dass sich ein Richter eine Datenbank konstruiert, sei zulässig, das habe aber unter strengen Sicherheitsbestimmungen zu erfolgen.

"Die Datenverarbeitung der Justiz fällt aber nicht unter das Datenschutzgesetz, die ist ausgenommen, auch die von Parlament und Landtagen", sagt Zeger. "Das ist nicht nach dem Datenschutzgesetz ahndbar, aber möglicherweise wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses." Nachsatz: "Da haben wir eine gigantische Rechtsschutzlücke."

Cloud-Server verwendet

"Wir sind durch den Hinweis der Wiener Zeitung erst darauf gekommen, dass es das Problem überhaupt gibt", sagt Richter Peter Wöhrer. Das interne Aktenverwaltungssystem sei auf einer nicht veröffentlichten Internetadresse gelaufen. Die in Denver registrierte Domain "5n0w.net" war unbekannterweise mit jener IP-Adresse verlinkt, die Wöhrer für die MSE-Datenbank verwendet. Zugleich habe Google im Februar die Daten von der Homepage 5n0w.net abgerufen und im Cache gespeichert. Wöhrer lagert die AvW-Daten auf einem externen Cloud-Entwicklungsserver.