Zum Hauptinhalt springen

Datenbank für Sexualstraftäter: Koalition wandelt auf orangen Spuren

Von Katharina Schmidt

Analysen

Die Idee, verurteilte Sexualstraftäter in eine eigene Datenbank aufzunehmen, ist nicht neu. In den USA etwa sind die persönlichen Daten vorbestrafter Triebtäter im Internet frei zugänglich. Über das "National Sex Offender Public Registry" können unter anderem Adresse und Foto der Sextäter - aufgeschlüsselt nach Wohnort - abgerufen werden. In den Vereinigten Staaten blieb die Einführung der Datenbank aber nicht ohne Folgen: Der Bundesstaat Maine beispielsweise zog seine Beteiligung an dem Projekt wieder zurück, nachdem zwei der im Internet aufgeführten Täter erschossen worden waren.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 17 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Andererseits kam Anfang März die Meldung aus Ohio, dass einschlägig Vorbestrafte dort künftig farblich gekennzeichnete Nummernschilder an ihre Autos montieren müssen. Bereits jetzt besteht für sie eine Meldepflicht bei der Polizei.

Und in Österreich ist das BZÖ medienwirksam mit der Forderung nach einer Sexualstraftäterdatei in den Nationalratswahlkampf 2006 gegangen. Auf den Spuren der orangen "Law-And-Order"-Politik wandelte offenbar auch die SPÖ-ÖVP-Koalition, als sie den Satz "zum Schutz von Kindern und Jugendlichen wird eine Sexualstraftäterdatei eingeführt" im Koalitionsprogramm verankerte.

Der "Schutz von Kindern und Jugendlichen" kann ohne Zweifel als hehres Motiv gewertet werden. Ob die Koalition dabei aber auch den Rattenschwanz an Problemen bedacht hat, den eine Durchsetzung der Idee unweigerlich mit sich schleppt, darf hingegen getrost bezweifelt werden.

Zwar hat Innenminister Günther Platter Anfang der Woche betont, dass die Datenbank nur der Exekutive zugängig sein wird - das größte Problem, die Stigmatisierung der Täter und deren wissentliche Gefährdung durch den Staat dürfte damit also weitgehend ausgeschaltet sein. Andererseits muss man sich dann aber die Frage stellen, wozu überhaupt eine eigene Sextäterdatei eingeführt werden soll. Denn während sich Polizisten bereits jetzt - über das normale Strafregister - Zugang zu einschlägigen Informationen beschaffen können, muss sich nun eine eigens eingesetzte Arbeitsgruppe im Innenministerium mit den rechtlichen und praktischen Fragen der Idee befassen. Überspitzt formuliert handelt es sich bei einer solchen Datenbank also um nichts anderes als einen weiteren Schritt hin zu einem überbürokratisierten Überwachungsstaat.

Schließlich birgt die pure Existenz einer Täterdatei bereits die Gefahr des Missbrauchs und des Durchdringens von Informationen an die Öffentlichkeit. Dann sind selbst Jugendschützer wie die Wiener Jugendanwältin Monika Pinterits davon überzeugt, dass es nur wenig Sinn macht, wenn plötzlich - ganz nach den Wünschen der Orangen - "ein Plakat vom Papa an der Kirchentür pickt". Wirkungsvoller als eine Katalogisierung von Triebtätern erscheinen Maßnahmen, die einen Rückfall gezielt verhindern sollen, wie die elektronische Fußfessel oder eine verpflichtende Psychotherapie.