Das Ministerium hätte schon längst geteilt werden müssen.
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Dass Minister, Kanzler oder ganze Regierungen Krisen politisch nicht überleben, ist keine Besonderheit. Mal ist es die enorme Belastung, mal öffentlicher Druck, mal sind es Parteiquerelen oder schlicht und einfach Abwahlen.
Das Scheitern des nunmehr zweiten Gesundheitsministers verdient aber eine spezielle Beachtung, denn es ist auch ein Scheitern der Bundesregierung, die es seit zwei Jahren nicht schafft, eine Schwachstelle in ihrer Struktur zu beheben.
Das Ministerium ist nämlich primär ein Sozialministerium, dem auch die Gesundheitsagenden zugewiesen sind. Rudolf Anschober hatte sich im Jänner 2020 auch fast ausschließlich Sozialthemen (Armut, Pflege, Mindestsicherung) ins eigene Pflichtenheft geschrieben. Dann kam das Virus, und aus dem Sozialminister mit ein paar anderen Agenden wurde ein Vollzeit-Gesundheitsminister. Das Ergebnis: Die Sozialhilfe ist eine Baustelle, der Masterplan gegen Armut bisher nur eine Überlegung und die dringend notwendige Pflegereform bei ihrer mehrmaligen Ankündigung geblieben.
Es ist logisch, dass eine Pandemie so gut wie alle Kapazitäten bindet, und es ist auch nachvollziehbar, dass es realpolitisch schwierig ist, eine gerade erst verhandelte Aufteilung von Agenden und Ministerien wieder aufzuschnüren. Es ist aber eine Jahrhundertkrise, und da kann man vielleicht schon erwarten, dass Parteien einmal über ihren Schatten springen. Es hat ja doch einige Umbildungen der Regierung gegeben, eine davon hätte man auch für eine strukturelle verwenden können, ja, müssen. Das ist ein Versäumnis, das nun fortgesetzt wird.
Dem Amt selbst ist auch eine Ambivalenz inhärent, da der Gesundheitsminister in ruhigen Zeiten wenige Aufgaben hat, denn Gesundheit liegt weitgehend in der Kompetenz der Länder. In einer Pandemie wird aber ausgerechnet der Gesundheitsminister zum mächtigsten Mann im Staatsapparat, der per Verordnung Lockdowns verfügen kann, in der Realität aber immer wieder an der realpolitischen Macht von Landeshauptleuten scheitert.
Der politisch unerfahrene Wolfgang Mückstein war dafür eine Fehlbesetzung, die nicht zuletzt deshalb passierte, weil als relevant vermutete Teile der Öffentlichkeit einen Mediziner an der Spitze des Ministeriums forderten. Entsprechend war auch die erste Reaktion: Endlich wer vom Fach! Das ist aber ein Irrtum. Die Hauptfächer heißen Politik, Verwaltung und Management.
Während sich Wissenschafter und Journalistinnen der Komplexität der Wirklichkeit widmen können, muss der Politiker simplifizieren: Ja oder nein? Und er muss diese Entscheidung auch durchsetzen können. In beiden war Mückstein überfordert - nicht als erster Quereinsteiger.