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Debatte um eigenen Haushalt für die Eurozone verschärft Zwist ums Geld.| Finanzminister geben Portugal mehr Zeit für Verringerung des Defizits.
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Luxemburg. Aufgeschobene Entscheidungen, Warten auf Hilfsanträge und Zwischenberichte: Wenn die Finanzminister der EU am heutigen Dienstag zu ihrem Treffen in Luxemburg zusammenkommen, dient das in erster Linie dem Informationsaustausch. So gibt es noch immer keine Einigung zwischen Griechenland und internationalen Kreditgebern über die Einsparungen, die Athen vorzunehmen hat. Ein Antrag Spaniens auf Finanzhilfe, über den seit Wochen spekuliert wird, ist in Brüssel ebenfalls noch nicht eingegangen. Und Portugal erhält ein Jahr mehr Zeit, um sein Budget zu sanieren: Das Haushaltsdefizit muss nun doch erst 2014 unter die Marke von drei Prozent gedrückt werden.
Auf einen Erfolg konnten die EU-Politiker dennoch verweisen: Der dauerhafte Euro-Rettungsschirm ESM ist nun offiziell gestartet. Kurz vor der Zusammenkunft der Minister der Eurogruppe gestern, Montag, gab es die Inaugurationssitzung des Gouverneursrates. Damit seien zwar nicht alle Probleme der Währungsunion sofort gelöst, räumte der Vorsitzende der Eurogruppe, Jean-Claude Juncker, ein. Doch sei es "ein Meilenstein" auf dem Weg zur Stabilisierung der Eurozone. Als "Kriseninstrumentarium" bezeichnet denn auch die österreichische Finanzministerin Maria Fekter den ESM. Der Mechanismus solle dabei helfen, in Schwierigkeiten geratene Staaten zu unterstützen. "Wir mögen unsere Währung", erklärte Fekter. Daher werde nicht nur der Euro geschützt, sondern auch der Euroraum.
Laut Klaus Regling, der zum Direktor des ESM bestellt wurde, wird die finanzielle Ausstattung des Rettungsschirms zum Start 200 Milliarden Euro betragen und innerhalb von 18 Monaten auf 500 Milliarden Euro anwachsen. Damit ist der ESM, der den vorläufigen Rettungsfonds ablöst, sofort zahlungsfähig. Welches Land als Erstes Hilfe beansprucht, ist noch offen.
London für zentrales Budget
Das Tauziehen ums Geld spielt sich derzeit allerdings auch auf einer anderen Ebene ab. Parallel zum Zwist um die Finanzierung der EU in den Jahren 2014 bis 2020 verschärft sich die Debatte um ein Zentralbudget, das für die Länder der Eurozone gelten würde. Diese Idee hatte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy lanciert: In einem derartigen "finanziellen Rahmen" könnten gezielt Hilfen an Euro-Staaten ausgezahlt, diese aber gleichzeitig zur Einhaltung von Reformen angeregt werden.
Obwohl noch völlig unklar ist, woher das Geld für ein Zentralbudget kommen, wie viel es sein und wofür es genau verwendet werden soll, ist bereits eine Diskussion darum entbrannt. Deutschland etwa erhofft sich von einem eigenen Haushalt ein zusätzliches Druckmittel, um Absprachen in der Wirtschaftspolitik verbindlicher zu machen.
Unterstützung für diese Überlegungen kommt nun auch aus Großbritannien, das kein Mitglied der Eurozone ist. Die Union sollte irgendwann ihr Budget aufspalten in einen Teil für die Eurostaaten und einen für die übrigen Länder, befand Premierminister David Cameron in einem Interview mit dem Fernsehsender BBC.
Furcht vor Aufspaltung
Was Großbritannien immer wieder als Wunsch nachgesagt wird, nämlich eine vertiefte Integration der EU zu erschweren, sehen manche andere Mitglieder als Gefahr. Polen etwa, das den Euro ebenfalls noch nicht eingeführt hat, steht generell Überlegungen zu einer stärkeren Aufspaltung in Eurozone und andere Staaten skeptisch gegenüber. Und es würde sich vehement gegen einen Transfer von Mitteln aus dem gemeinsamen Haushalt in ein Zentralbudget wehren, weil es zu jenen Ländern gehört, die am meisten von den Förderungen der EU für die Infrastruktur beispielsweise profitieren. Diese zwei möglichen Budgets müssten daher strikt voneinander getrennt sein, heißt es aus Diplomatenkreisen.
Doch selbst unter den Mitgliedern der Währungsunion stoßen solche Gedanken nicht unbedingt auf Gegenliebe. Wien etwa zeigt sich vorsichtig. Es sei wenig zielführend, über ein zentrales Budget zu diskutieren, ohne zu wissen, welche Bereiche überhaupt vergemeinschaftet werden sollen, erklärte eine Sprecherin des Finanzministeriums.
Ringen um Finanzsteuer
Zumindest gibt es vage Ideen für die Finanzierung - auch wenn ihre Umsetzung keineswegs in Sicht ist. Eine Möglichkeit, Geld für den gemeinsamen Haushalt zu beschaffen, wäre eine Besteuerung von Finanztransaktionen. Länder wie Deutschland, Frankreich und Österreich setzen sich dafür ein, teils aus unterschiedlichen Beweggründen. So haben Berlin und Wien Einnahmen aus der künftigen Steuer bereits in ihre Haushaltspläne aufgenommen.
Um mit einer solchen Initiative innerhalb der EU vorpreschen zu können, brauchen sie allerdings noch mindestens sechs weitere Staaten als Verbündete. Denn erst wenn sich neun Willige gefunden haben, kann die Europäische Kommission einen entsprechenden Vorschlag präsentieren. Doch haben erst sechs Länder einen Antrag nach Brüssel geschickt. Neben Deutschland, Frankreich und Österreich sind es Belgien, Portugal und Slowenien. Einige andere ursprüngliche Befürworter der Abgabe zögern hingegen noch. Dazu gehören Spanien und Italien.