Der Schauspieler Dave Prowse erzählt von seinem Leben als Darsteller des finsteren Bösewichts aus dem "Krieg der Sterne".
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 17 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wiener Zeitung:Mr. Prowse, was haben Sie denn eigentlich vor Ihrer Karriere als Darth Vader in den "Star Wars"-Filmen gemacht?Dave Prowse: "Star Wars" begann 1976, im Show-Business bin ich seit den späten Sechzigern. Davor war ich dreimal hintereinander, von 1962 bis 64, britischer Meister im Gewichtheben. 1965 machte ich den Sport zu meinem Beruf. Ich sollte mit der Britischen Gewichtheber-Mannschaft an den Olympischen Spielen in Tokio 1964 teilnehmen, dann stellte sich aber heraus, dass der Gewichtheberverband nicht genug Geld hatte, Sportler nach Tokio zu schicken. Da dachte ich, ich probiere es als Profi-Gewichtheber und Bodybuilder. Bald rief dann auch eine Stunt-Agentur an und fragte, ob ich Interesse hätte, für sie zu arbeiten. Ich sagte: "Ich habe aber noch nie im Leben als Schauspieler gearbeitet." Aber sie meinten, das sei kein Problem. Nicht lange darauf spielte ich im Londoner Mermaid-Theater. So kam ich zum Schauspielberuf, spielte in Fernseh-Werbespots und Fernsehserien. Vom Fernsehen ging es dann direkt zum Film. Mein erster Streifen war "Casino Royale", die alte James Bond-Verulkung.
Wie bekamen Sie dann die Rolle des Darth Vader?
1970 spielte ich in Stanley Kubricks Film "Clockwork Orange". Vor dieser Arbeit war ich immer nur der "Kraftprotz" und das "Monster", aber nach Kubrick war ich als seriöser Schauspieler akzeptiert und wirkte in Shakespeares "Was ihr wollt" für die BBC mit. 1976 kam George Lucas nach London. Er bot mir zwei Rollen in "Star Wars" an, von denen ich mir eine aussuchen durfte. Er erklärte mir, dass die eine Rolle ein Charakter namens Chewbacca sei, eine Art haariger Gorilla, der im Film auf der Seite der Guten steht. Ich antwortete: "Oh nein, George, das gefällt mir nicht", denn ich konnte mir gut vorstellen, wie heiß es unter diesem Kostüm sein würde, in dem ich drei Monate spielen sollte. Dann beschrieb er mir die andere Rolle. Die des großen Bösewichts im Film, er heiße "Darth Vader". Ich fiel ihm ins Wort: "Du brauchst nicht mehr zu erzählen, George, ich will diese Rolle, vielen Dank!" Er wollte wissen, warum ich diese Rolle sofort annehme. Ich antwortete: "George, wenn du an all die Filme zurückdenkst, die du gesehen hast - erinnerst du dich da an die Guten oder an die Bösewichte?" Er entgegnete: "Ich glaube, du hast die richtige Entscheidung getroffen, keiner wird Darth Vader je vergessen." Seitdem sind dreißig Jahre vergangen.
War es hart, im Darth Vader-Kostüm zu spielen?
Teils, teils. Die Kleider waren komfortabel. Aber der Helm war zu groß, wenn ich meinen Kopf nach rechts oder links drehte, schaute die Maske immer noch geradeaus. Da meinte George: "Kein Problem, die füllen wir mit Gummi aus, dann passt sie." Dadurch wurde es in der Maske beklemmend, die Luft darunter war wahnsinnig schwül.
Darth Vader ist weltberühmt. Wie steht es aber mit der Bekanntheit seines Darstellers?
Ich habe die Rolle natürlich unter einer Maske oder mit einem Helm gespielt, sodass ich beim breiten Publikum nicht die Popularität der Figur habe. Ich finde diese Situation aber sehr angenehm. Ich kann mich in der Öffentlichkeit unerkannt bewegen, doch wenn ich den Leuten sage, dass ich Darth Vader bin, werde ich fast erdrückt. Als ich neulich auf dem Flughafen von Las Vegas ankam und durch die Kontrolle ging, wurde ich von dem Sicherheitsbeamten abgetastet. Da sagte ich scherzhaft: "Wissen Sie, dass Sie Darth Vader abtasten?" Und er sagte: "Oh Gott, tue ich das?" Und im Nu kam das ganze Sicherheitspersonal herangestürmt und wollte Autogramme von mir. Die müssen das auch weitergesagt haben, denn als ich mich in der Flughafen-Lounge hingesetzt hatte, um auf meine nächste Maschine zu warten, kamen so viele Leute, dass ich für zwei Stunden belagert war. Das habe ich genossen.
Aber wenn ich nicht gesagt hätte, dass ich Darth Vader bin, hätte es niemand bemerkt. Dieser Zustand gefällt mir wirklich sehr. Die Tatsache, dass ich die Figur des Darth Vader gespielt habe, war natürlich auch später hilfreich, als ich in England einmal eine Verkehrssicherheitskampagne für Kinder machte. Das förderte ihre Aufmerksamkeit.
Waren Sie vom Erfolg von "Star Wars" überrascht?
Um ehrlich zu sein: Während der Dreharbeiten habe ich gedacht: Was mache ich hier für einen Mist? Lucas und die Verantwortlichen für das Licht arbeiteten nicht sehr gut. Sie hatten eine Kamera aus Amerika, die nie funktionierte. Die Skripts der Szenen, die wir zu spielen hatten, kamen gewöhnlich mit der Post, erst am Tag vor dem Dreh. Man musste also seinen Part über Nacht lernen und ihn am nächsten Tag abliefern. Aber man hatte keine Vorstellung von der ganzen Story. Bis heute habe ich kein komplettes Drehbuch für "Das Imperium schlägt zurück" oder "Die Rückkehr der Jedi-Ritter" gesehen.
Warum, glauben Sie, waren die Filme so erfolgreich?
Ich glaube, "Star Wars" kam im richtigen Moment. Außerdem wirkt die traditionelle Grundsituation "Gut gegen Böse" immer. Außerdem gibt es einen gut aussehenden männlichen Hauptdarsteller, den abenteuerlichen Kavalier Harrison Ford. Es gibt eine Prinzessin namens Leia, und all die wunderbaren Fantasy-Figuren, die George Lucas kreiert hat. Das alles zusammen versetzt die Zuseher in eine Traumwelt. Und die Technik des Films war viel weiter entwickelt als alles, was man bis dahin gesehen hatte.
Wie verlief die Arbeit an den Filmen konkret?
Diese drei Filme waren nicht leicht zu machen. Das war harte Arbeit. Beim ersten Film war ich fünf Monate lang beschäftigt, beim zweiten drei Monate, beim dritten jedoch nur fünf Wochen. Das Interessante dabei war die Zusammenarbeit mit verschiedenen Regisseuren. George Lucas sagte zu niemandem etwas, auch zu mir nicht. Die Interpretation der Rolle habe ich selbst entwickelt. Es war meine Idee, so zu gehen, dass alle Schauspieler rennen müssen, um mit mir Schritt zu halten. Ich wollte, dass das Kostüm immer hinter mir hochfliegt, was man im Film ja auch sieht. Die Arbeit mit dem zweiten Regisseur, Irvin Kershner, war wunderbar. Er war einer der fürsorglichsten Regisseure, mit denen ich je gearbeitet habe. Wir saßen lang zusammen und sprachen ausführlich über jedes Detail. Es war fantastisch.
Welche Auswirkungen hatte der Erfolg von "Star Wars" auf ihre weitere Karriere?
Weil ich Darth Vader gespielt habe, werde ich immer wieder zu Science-Fiction-Kongressen eingeladen. Die Leute kommen in meine Fitness-Studios, weil sie Darth Vader treffen wollen. Ich reise um die ganze Welt zu Veranstaltungen von "Star Wars"-Enthusiasten, spreche mit ihnen und schreibe Autogramme. Das verdanke ich dem "Star Wars"-Erfolg. Aber auf meine Karriere als Schauspieler hatte es keinen großen Einfluss.
Haben Sie noch Kontakt zu den Kollegen von "Star Wars"?
Oh ja. Ich sehe sie regelmäßig. Kenny Baker, der "R2-D2" spielte, und Jeremy Bullock, der "Bobo Fett" darstellte, sind meine besten Freunde aus dem "Star Wars"-Kreis. Wir sehen uns bei all den großen Fantreffen. Mit "Star Wars" ist das so wie mit einem Fußball-Club. Es gibt die erste Mannschaft, zu der Harrison Ford, Carrie Fisher, Mark Hamill und vielleicht Billy Dee Williams gehören. Und es gibt die zweite Mannschaft, das sind Darth Vader, R2-D2, C-3PO, Bobo Fett. Dann gibt es noch das dritte Team, das sind die Kommandeure, Admirale und ähnliche Charaktere. Dann geht die Skala noch weiter hinunter, bis zu den Leuten, die in der siebzehnten Sturmtruppe von links spielten. Auch sie verdienen immer noch Geld.
Es finden also viele "Star Wars"-Revival-Shows statt?
Oh ja, sie werden zahlreicher und größer. Jedes Jubiläum wird gefeiert: jetzt vor allem der 30. Jahrestag des ersten "Krieg der Sterne"-Films. Zu der letzten "Star Wars"-Show, bei der ich auftrat, kamen etwa 26.000 Besucher, und zur nächsten in Los Angeles werden über 30.000 erwartet. Später wird es eine große Sache in London geben. Also, "Star Wars" wächst und gedeiht.
Es ist schon überraschend, wie sehr die Leute immer noch an "Star Wars" hängen, wieviel Aufwand sie betreiben, um sich perfekt zu kostümieren.
Das sind absolute Enthusiasten. Ich bin ja Kommandeur der 501. Sturmtruppe, die als "Vaders Faust" bekannt ist. Alle, die dort Mitglied sein wollen, müssen ein originalgetreues Kostüm haben. Wir treten in voller Verkleidung bei Wohltätigkeitsveranstaltungen auf. So haben wir schon eine Menge Geld gesammelt. Und wo immer ich, ihr Kommandeur, eingeladen bin, begleiten mich Mitglieder in voller Montur. Bei der großen "Star Wars"-Feier, die heuer in Los Angeles sein wird, werden Hunderte von ihnen dabei sein und ich habe das Glück, ihr Kommandant zu sein. Das ist ein großer Spaß - und dabei sammeln wir auch enorm viel Geld für wohltätige Zwecke.
Was halten Sie von den neuen "Star Wars"-Filmen?
In den neuen Folgen zieht George Lucas alle Register seines technisch-cineastischen Könnens. Aber ich glaube, in den neuen Folgen sind die technischen Effekte das eigentlich Wichtige. Vom filmtechnischen Standpunkt aus gesehen sind sie Meisterwerke der Filmkunst. Aber ich glaube nicht, dass die Zuschauer mit den Charakteren der neuen Folgen emotional verbunden sind. Man trifft keine Kinder, die rufen; "Ich möchte diese oder jene Figur sein."