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Gewerkschaft ist erzürnt: "Haberleitner hat eine rote Linie überschritten."
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Wien. Der Einzelhandel versucht, sein Image als unattraktiver Arbeitgeber loszuwerden - nun beharrt dayli-Chef Rudolf Haberleitner darauf, alle 885 dayli-Filialen in Österreich auch sonntags zu öffnen. In zwei umgebauten ehemaligen Schlecker-Geschäften (in Pöggstall und Linz-Ebelsberg) kann seit Jänner am Sonntag von 8 bis 18 Uhr eingekauft werden. "Sonntag ist der umsatzstärkste Tag in diesen Filialen", sagt Haberleitner. Am Freitag werden sieben weitere Standorte nach dem Nahversorger-Konzept eröffnen, nächste Woche kommen vier dazu. Anfang 2014 sollen alle bestehenden Geschäfte in Österreich umgebaut sein.
Rechtlich abgesichert sieht Haberleitner die Sonntagsöffnung durch die Gastro-Konzession, weil umgebaute Standorte über ein Bistro verfügen. "Neue Mitarbeiter werden nach dem Gastro-Kollektivvertrag eingestellt und müssen sonntags arbeiten", sagt der dayli-Chef. Bestehende Arbeitnehmer, für die der Handels-KV gilt, werden nicht zur Sonntagsarbeit gezwungen, versichert er.
Die Gewerkschaft hat gegen die Sonntagsöffnung eine Klage wegen unlauteren Wettbewerbs eingebracht. "Mit der Sonntagsöffnung hat Haberleitner eine rote Linie überschritten", sagt Manfred Wolf von der GPA-djp. Auch gegen die angekündigte Einstufung nach dem Gastro-KV werde die Gewerkschaft rechtlich vorgehen: "Haberleitner unterwandert nicht nur das Gesetz zur Sonntagsöffnung, sondern auch gute Arbeitsbedingungen im Handel."
Haberleitner will die Sonntagsöffnung wenn nötig bis zum Ende durchjudizieren, kündigte er an.
"Das Konzept des Greißlers ist am Aussterben"
Seit Haberleitner mit seiner Gesellschaft TAP 09 mit August 2012 alle 1350 Schlecker-Standorte in Österreich, Italien, Polen, Belgien und Luxemburg sowie alle Mitarbeiter übernommen hat, hat sich zwar in den meisten Filialen wenig geändert. Lediglich der Schlecker-Schriftzug wurde durch das dayli-Logo ersetzt.
Die Expansionspläne sind aber ambitioniert: Bis 2016 soll die Filialanzahl in Österreich von 885 auf 1350 Standorte steigen, europaweit sind 4835 Shops geplant. Bereits heuer sollen 400 Standorte in Deutschland eröffnen. 2016/17 will dayli an die Börse.
In den Aus- und Umbau werden heuer 114 Millionen Euro investiert - dafür wird Fremdkapital benötigt. Vom Glücksspielkonzern Novomatic, der zur Hälfte an dayli beteiligt ist, kommt kein Geld. Bereits heuer will der "moderne Nahversorger" schwarze Zahlen schreiben. Neben Drogerieartikeln und Lebensmittel wird Kleidung, Elektronik und Kopieren angeboten. Trotz Novomatic-Beteiligung werde dayli keine Spielautomaten aufstellen, sagte Haberleitner.
In der Branche stößt die Strategie auf Skepsis: "Das Konzept des Greißlers ist am Aussterben. Die Tante-Emma-Läden sperren nicht deswegen zu, weil sich die Kaufleute nicht bemüht haben, sondern weil das Konzept am Ende ist", sagt Hanna Bomba-Wilhelmi, Geschäftsführerin des Standortberaters Regioplan. Durch die hohe Dichte im Lebensmittelhandel sind Geschäfte in wenigen Minuten mit dem Auto zu erreichen - und vorrangig auf Kunden zu hoffen, die nicht mobil sind, sei wenig erfolgsversprechend.