Teheran - Die Kommunalwahlen im Iran bedeuten für die Reformkräfte um Staatspräsident Mohammad Khatami ein Debakel. Sie wurden am vergangenen Wochenende nicht nur aus dem Stadtrat von Teheran katapultiert, sondern erlebten landesweit ihre größte Wahlschlappe seit dem Amtsantritt von Khatami 1997.
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"Man muss sich ernsthaft fragen, ob die politischen Entscheidungen, die getroffen werden, mit den Vorstellungen der Menschen auch wirklich übereinstimmen", sagte der Präsident am Montag sichtlich enttäuscht.
Das Reformlager konnte seine Anhängerschaft ganz offensichtlich nicht mehr mobilisieren. Die niedrige Wahlbeteiligung - 39 Prozent im ganzen Land, 13 in Teheran - sind ein Beleg dafür. Das Volk, mit dem Khatami und die Reformer bisher als ihr Kapital protzten, blieb nach Ansicht politischer Beobachter aus Protest einfach zu Hause.
Die Gründe für die Frustration liegen auf der Hand. Sichtbare Erfolge gegen das erzkonservative Lager sind in den letzten vier Jahren ausgeblieben. Jede kleine positive Entwicklung wurde sofort durch Hardliner in der Justiz und dem machtvollen Wächterrat zunichte gemacht. Die Inhaftierung säkularer Dissidenten wurde genauso fortgesetzt wie die Schließung von liberalen Printmedien.
Auch die Studenten, die einst wie eine Wand hinter Khatami standen, haben sich inzwischen vom Präsidentenkurs getrennt und eine Demokratische Bewegung gegründet. Die Studenten fordern wie viele andere Iraner ein Referendum, das den demokratisch gewählten Gremien zu mehr Autorität gegenüber der schiitischen Geistlichkeit mit dem obersten Führer Ayatollah Ali Khamenei an der Spitze verhelfen soll. Diese aber kann eine solche Abstimmung verhindern.
Teheran wird nun künftig von Technokraten der "Abadgaran" regiert. Die von den konservativen Kräften ins Rennen geschickte Gruppe errang 14 der 15 Sitze im Stadtrat. Diese will sich laut ihrem Programm stärker um die Verwaltung der Stadt und weniger um die große Politik kümmern.