"Wiener Zeitung":Verlassen Sie schweren Herzens das Gesundheitsressort? | Renate Brauner: Ja und nein. Dass mir Gesundheit und Soziales große Herzensanliegen sind, ist bekannt. Aber diese Themen nehme ich mit. Auch wenn im neuen Ressort Finanzen, Investitionsfragen und ausgeglichene Budgets im Vordergrund zu stehen scheinen, geht es in Wirklichkeit immer um die Lebensqualität der Menschen. Denn technologische Verbesserungen werden für Menschen eingesetzt, ebenso Innovation, Bildung und Forschung. Insoferne freue ich mich auf die neue Aufgabe, begegne ihr aber auch mit gehörigem Respekt.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 17 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wird es nicht schwer für Ihre Nachfolgerin, Änderungen in Angriff zu nehmen, wo sie doch im Gesundheitsressort genau wissen, wo die Einsparungspotenziale liegen?
Nein, das ist sogar ein Vorteil. Es war für mich sehr gut, dass Sepp Rieder (Brauners Vorgänger im Gesundheitsressort und bis dato Finanzstadtrat) bestens um die Notwendigkeiten im Gesundheits- und Sozialbereich Bescheid wusste. Und die Probleme, die anstehen, sind nur miteinander zu lösen; und zwar ebenso auf Landes-, wie auch auf Bundesebene. Gerade wenn es um Gesundheitsversorgung geht, aber auch wenn es um den sehr positiven neuen Zugang zum Thema Armutsvermeidung geht. Und eine der nächsten Gespräche, die wir auf dieser Ebene führen müssen, ist die Frage der Grundsicherung.
Ist bei der Finanzierung der Grundsicherung aus Wiener Sicht der Deckel erreicht?
Dazu sind zwei Dinge zu sagen: Erstens ist das ein historischer Fortschritt, dass es eine Bundesregierung gibt, die sich zur Armutsbekämpfung bekennt und die Grundsicherung in ihr Programm aufgenommen hat. Dazu gehört einerseits die Mindestpension, und dazu gehört eine Mindestlohnregelung. Denn es wäre absurd, eine Mindestregelung für jene zu finden, die nicht beschäftigt sind und dabei keine Mindestregelung zu haben für die, die in Arbeit sind. Und dann ist die Frage, wie die bedarfsorientierte Mindestregelung im Detail auszusehen hat. Da haben die Länder freilich ihren Teil zu leisten. Aber bedarfsorientierte Mindestregelung heißt nicht nur Erhöhung der Sozialhilfe. Auch alle anderen Systeme müssen hier ihren Beitrag leisten, ganz besonders bei den Themen Arbeitslose und Notstand.
Das heißt, alles was darüber hinaus geht, müsste der Bund übernehmen?
Das heißt, dass der Bund natürlich auch seinen Beitrag dazu leisten muss.
Wie sieht es mit der Finanzierung des U-Bahnbaus aus. Kommt es für Sie in Frage, zwei Linien gleichzeitig auszubauen?
Das ist einer der allerwichtigsten und vor allem einer der nächsten Punkte, und ich werde sicher sehr rasch an den Bund herantreten, um die Gespräche, die Rieder zu diesem Thema bereits begonnen hat, fortzuführen, um das Ganze so schnell wie möglich abschließen zu können. Denn die U-Bahn-Finanzierung ist ein Thema, das natürlich primär für Wien wichtig ist, aber nicht nur für Wien.
Im Regierungsübereinkommen steht, dass die Pensionssysteme von Ländern und Gemeinden dem restlichen Österreich angepasst werden sollen. Was bedeutet das für die Stadt Wien?
Es hat ja bereits in Wien eine Pensionsreform bei den Gemeindebediensteten gegeben. Bei ihnen gilt das Pensionsantrittsalter 65. Und es sind Übergangsregelungen vereinbart worden. Diese Übergangsregelungen werden jetzt Schritt für Schritt umgesetzt.
Das Paket wird also nicht wieder aufgeschnürt?
Das Paket ist parallel zu dem, was auf Bundesebene passiert ist - Regelantrittsalter 65. Natürlich gibt es in Wien Sonderregelungen, also zum Beispiel bei der Feuerwehr. Denn ich glaube, dass sich niemand von einem 65-Jährigen Feuerwehrmann aus dem zwölften Stock retten lassen will. Da muss es Sonderregelungen geben, aber das ist auf Bundesebene genauso.
Apropos Feuerwehr. Nehmen Sie die Zuständigkeit für die Feuerwehr mit ins neue Ressort, und was soll noch dazu kommen?
Das ist eine Möglichkeit, aber ansonsten ist das Ressort groß genug. Ich mache mir jedenfalls keine Sorgen darüber, dass ich zu wenig zu tun habe.
Wie wollen Sie mit dem Thema Sonntags-Ladenöffnung umgehen?
Ich denke, dass im Regierungsprogramm auch dazu ein Vorschlag vorhanden ist, der sozialpartnerschaftlich abzustimmen ist. Und wer mich kennt, der weiß, dass ich jemand bin, der grundsätzlich der Meinung ist, dass Regelungen nie über die Köpfe der Betroffenen hinweg geschaffen werden können, sondern nur mit ihnen gemeinsam. Es sollen also diejenigen einen Kompromiss finden, die es auch betrifft. Das sind zum Beispiel die berufstätigen Frauen, aber auch etwa die Tourismuswirtschaft, für die ich nun zuständig bin.
Viele Kommentatoren sehen Sie schon als logische Nachfolgerin des Bürgermeisters - sehen sie sich auch so?
Als Vizebürgermeisterin erlaubt man mir, so zu sprechen, wie ich gerne spreche, nämlich als Wienerin: Das ist eine Diskussion, die völlig aus den Fingern gezutzelt ist.
Siehe auchHäupl mit neuem Team für die Wahl
+++ Michael Ludwig