In den Budgetverhandlungen um die mehrjährige Finanzierung der Gemeinschaft klaffen die Positionen auseinander.
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Nicht einmal einen Euro täglich: So viel zahlt jeder EU-Bürger für die Gemeinschaft. Im Schnitt sind es 241 Euro im Jahr, und in der nächsten Finanzierungsperiode werden es vielleicht 289 Euro sein. So veranschaulicht es die EU-Kommission gern, wenn sie von den Kosten für die Union spricht. Auch im EU-Parlament wird betont, dass dies keineswegs zu viel verlangt sei.
Das sind jedoch jene Institutionen, die sich traditionell mehr Geld für die EU wünschen, als etliche Mitgliedstaaten zu überweisen bereit sind. Die wiederum jonglieren dann mit Zahlen im zehn- und elfstelligen Bereich sowie mit Promillesätzen. Fünf Milliarden Euro mehr oder weniger für die Landwirtschaft und zig Milliarden Euro für Maßnahmen zum Klimaschutz? Ein Prozent, 1,07 oder 1,11 Prozent der Wirtschaftsleistung fürs gemeinsame Budget? Zwischen solchen Fragen spielt sich die Debatte um den EU-Haushalt für die kommenden Jahre ab. Sie stand auch auf der Agenda des Gipfeltreffens, zu dem die EU-Staats- und Regierungschefs am Donnerstag in Brüssel zusammenkamen.
Es gilt, den finanziellen Rahmen für die Jahre 2021 bis 2027 abzustecken. Zwar wird jedes Jahr ein Budget für die EU beschlossen, doch bewegt sich dieses innerhalb der Grenzen, die eben für sieben Jahre gesetzt werden. Das Gerangel darum ist umso heftiger, weil sich die Summe um die eine Billion Euro bewegt. In der nun auslaufenden Finanzierungsperiode entspricht das einem Prozent des Bruttonationaleinkommens.
Feilschen um Promille
Die EU-Kommission sieht in ihrem Haushaltsentwurf für die nächsten Jahre eine ähnliche Summe wie für den vergangenen Zeitraum vor. Doch prozentuell erhöhen sich die Beiträge der Länder auf 1,11 Prozent, da Großbritannien die Gemeinschaft verlassen möchte und die finanzielle Lücke durch andere geschlossen werden müsste. Ginge es nach dem EU-Parlament, sollten die verbleibenden Mitgliedstaaten noch mehr Geld zur Verfügung stellen, als die Kommission gern hätte.
Finnland, das derzeit den EU-Vorsitz innehat, hat ein Kompromisspapier vorgelegt, das einen Mittelweg aufzeigen will. Die Staaten sollen für den Zeitraum von sieben Jahren 1,07 Prozent der Wirtschaftsleistung ins EU-Budget fließen lassen. Das wären 1,087 Billionen Euro.
Das ist den einen zu viel und den anderen zu wenig. Die Nettozahler, die mehr Geld ins Budget fließen lassen, als sie daraus erhalten, wenden sich gegen eine solche Erhöhung. Zu dieser Gruppe gehören neben Österreich und Deutschland auch Schweden, Dänemark und die Niederlande.
Auf der anderen Seite stehen jene Länder, die besonders von den EU-Förderungen profitieren, wie etwa Polen. Kürzungen bei den entsprechenden Posten würden ihnen daher keineswegs gefallen.
Österreichs Beitrag steigt
Für Österreich würde der Kommissionsentwurf in Zahlen ausgedrückt einen Bruttobeitrag in Höhe von rund 4,4 Milliarden Euro jährlich bedeuten, wie es aus Regierungskreisen heißt. Etwas darunter liegt der finnische Vorschlag. Derzeit überweist Wien an die 2,9 Milliarden Euro nach Brüssel. Das entspricht nicht einmal 0,8 Prozent des österreichischen Bruttonationaleinkommens, was wiederum die Kommission betont.
Gleichzeitig fließt auch Geld zurück nach Österreich - mehr als eine Milliarde Euro allein in die Landwirtschaft. Werden die Förderungen gegengerechnet, brachte das Land im Vorjahr rund 1,3 Milliarden Euro für die EU auf. Im Vergleich dazu zahlt Deutschland rund zwanzig Milliarden Euro und erhält beinahe elf Milliarden Euro zurück.
Die Diskussion, wer wie viel beitragen soll, ist aber nicht die einzige in den Budgetverhandlungen. Hinzu kommt die Frage, wie die Mittel überhaupt verteilt werden sollen. 70 bis 80 Prozent des Geldes fließt in die Landwirtschaft und in Infrastruktur-Projekte. Doch sollen auch der Schutz der Außengrenzen verstärkt und Forschung sowie Digitalisierung gefördert werden. Und es gibt den Grünen Deal, den die neue EU-Kommission forcieren möchte: Ein Viertel der Budgetmittel soll demnach in klimarelevante Maßnahmen investiert werden.
Die Positionen zu all dem klaffen noch so weit auseinander, dass eine Einigung beim laufenden EU-Gipfel nicht in Sicht war. Luxemburgs Premierminister Xavier Bettel kommentierte es so: "Die einen wollen weniger zahlen, die anderen mehr bekommen, wieder andere Neues machen. Ich war nicht der Beste in Mathematik, aber ich denke, alles zusammen geht sich nicht aus."