Steuereinnahmen um 900 Mio. Euro über Plan. | Grasser sieht Spielraum für "kleinere Maßnahmen". | Neuer Anlauf für Reform des Haushaltsrechtes. | Wien. Vor genau einem Jahr stand Finanzminister Karl-Heinz Grasser in Sachen Budgetdefizit unter Druck: Er hatte mit 1,9 Prozent für 2005 gerade das höchste Defizit seiner Amtszeit geplant.
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Darüber hinaus gab es aufgrund der eben erst in Kraft getretenen, großen Steuerreform ernste Zweifel, ob dieser Wert halten könnte. Ein Defizit von mehr als 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) stand im Raum. Jetzt zeigt sich einmal mehr, dass die Budgetsektion des Finanzministeriums bei der Vorausplanung Sicherheitspolster einkalkuliert.
Mit 1,7 Prozent ist 2005 das gesamtstaatliche Maastricht-Defizit von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungsträgern erneut etwas geringer gelegen als ursprünglich geplant. Damit sind von den 6 Budgets, die in der Amtszeit von Karl-Heinz Grasser abgeschlossen wurden, insgesamt 4 besser ausgefallen als erwartet.
Mehr Steuereinnahmen
Hauptgrund für das niedrigere Defizit ist, dass die Einnahmen bei Körperschafts-, Umsatz- und Einkommensteuer im Vorjahr höher liegen als erwartet (siehe Grafik rechts).
Besonders groß ist der Unterschied bei der Körperschaftssteuer (Köst): Hier waren ursprünglich 3,6 Mrd. Euro veranschlagt. Tatsächlich eingenommen wurden aber 4,4 Mrd.; also um 800 Mio. Euro mehr als geplant.
Grasser sieht die Gründe für diese Mehreinnahmen einerseits bei der guten Konjunktur: die Unternehmensgewinne dürften höher ausgefallen sein als erwartet. Andererseits dürfte ein Teil dieser Mehreinnahmen vom Jahr 2006 geborgt sein. Weniger Betriebe als angenommen haben Herabsetzungsanträge für die Vorauszahlung von Körperschaftssteuer gestellt. Damit besteht das Risiko, dass heuer die Köst-Einnahmen unter Plan bleiben werden.
Länder, Gemeinden
Niedriger als erwartet waren die Einnahmen unter anderem im Bereich der Mineralölsteuer und der Lohnsteuer.
Unterm Strich erzielt der Bund in seinem Bereich ein Defizit von 2,1 Prozent. Mit den Überschüssen von insgesamt 0,4 Prozent in den Budgets von Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungen kommt das gesamtstaatliche Defizit von 1,7 Prozent zustande.
Aufhorchen läßt Grasser mit einem Satz, der so von ihm zum Thema Budget bisher nie zu hören war: Man habe heuer finanziellen Spielraum für kleinere Maßnahmen, etwa im Bereich des Arbeitsmarktes oder für den Wirtschaftsstandort. Hier könne man in Teilbereichen flexibel sein, wenn das erforderlich sein sollte. Der Finanzminister schränkte aber sofort wieder ein, dass das "kein Signal" sein solle. Ziel sei eigentlich, "dass wir nichts machen."
Haushaltsrecht neu
Grasser ist optimistisch, dass die umfassende Reform des Haushaltsrechtes, die seit dem Sommer auf Eis liegt, noch heuer beschlossen werden kann. Alle Parlamentsparteien haben sich auf einen gemeinsamen Initiativantrag geeinigt. Blockiert ist der Beschluss, weil ÖVP und SPÖ sich nicht einigen können, welcher Parlamentsausschuss die Materie behandeln soll.
Das Finanzministerium hat nun einen Gesetzestext als Regierungsvorlage in Begutachtung geschickt. Damit würde das Problem des zuständigen Ausschusses gelöst. Denn in einem solchen Fall übernehme der Nationalratspräsident die Zuweisung, sagt Grasser.