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Dein Landesvater, ein Bundesbeamter

Von Walter Hämmerle

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Von wegen Landeskaiser. Nüchtern betrachtet sind Landeshauptleute vor allem weisungsgebundene Bundesbeamte. Allerdings nicht nur.


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"Sparpaket: Regierung lud Häupl & Pröll zu Geheimgipfel" titelte dieser Tage eine große, enthusiastisch reformbegeisterte Tageszeitung. Wahrscheinlich, um allen die Dramatik der Situation vor Augen zu führen. So nach dem Motto: Jetzt wagen Faymann und Spindelegger den Plausch mit den wirklich Mächtigen dieses Landes.

Dabei wissen wir, dem Konstruktivismus sei Dank, doch längst, dass Mächtige nur deshalb machtvoll sind, weil das alle ganz fest glauben (wollen). Oder anders gesagt: Vielleicht haben die angeblich ja so omnipotenten Landesfürsten zwischen Bodensee und Neusiedlersee - mit besonderer Betonung des Donauverlaufs - nur deshalb immer das letzte Wort, weil Kanzler und Vize es ihnen freimütig gewähren.

Denn eigentlich - streng theoretisch natürlich nur - könnte man die Sache ja auch so sehen, dass Pröll, Häupl und Co vor allem eines sind: weisungsgebundene Beamte im Auftrag der Bundesregierung. Immerhin verbringen die Damen und Herren Landeshauptleute, wenn sie nicht gerade epochale Infrastrukturprojekte wie Kreisverkehrsanlagen eröffnen oder verdiente Mitbürger mit imposanten Fantasieorden auszeichnen (alles, um kein Missverständnis aufkommen zu lassen, ehrenwerte und notwendige Tätigkeiten natürlich), einen Großteil ihrer Arbeitszeit damit, als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung amtszuhandeln. Und das Beste daran ist: Herr und Frau Landeshauptmann sind in diesen Angelegenheiten (dazu zählen unter anderem Gewerberecht, Abfallwirtschaft, Wasser - und Forstrecht) dem jeweiligen Bundesminister weisungsgebunden. Alles ganz ohne Vetorecht.

Man stelle sich vor, was für eine Revolution in diesem Österreich: Die Regierung erklärt - im sicheren Gefühl der eigenen Machtfülle - den beiden diensteifrigen und selbstverständlich höchst pflichtbewussten Bundesbeamten Michael Häupl und Erwin Pröll, wo der Bartl den Most holt.

Aber es kann die verführerischste Konstruktion im Angesicht der politischen Realität nicht bestehen, wenn konkurrierende Interpretationen die Deutungshoheit verlangen.

Denn die Landeshauptleute beharren darauf, dass sie eben nicht nur weisungsgebundener Befehlsempfänger der Bundesregierung sind, sondern zugleich auch - und aus ihrer Sicht vor allem - Staatsoberhaupt (eines selbständigen Bundeslands), Regierungschef (der Landesregierung) und Verwaltungschef (der Landesbehörden).

Und um dieses pralle Bild vollständig abzurunden, haben sich die allermeisten Landeshauptleute auch noch das Kulturressort zu den eigenen Agenden einverleibt. Wer über die Kulturagenden gebietet, verfügt über ein äußerst effektives Instrument sanfter Macht. Da kann es schon einmal passieren, dass ein und dieselben Künstler in Wien sich als Anhänger der Sozialdemokratie präsentieren und in Niederösterreich als Pröll-Fans. Eigentlich ein Fall bemerkenswerter politischer Persönlichkeitsspaltung.

Im Vatikan wäre das zweifellos ein Hinweis auf bevorstehende Seligsprechung - der beiden Landeshauptleute selbstverständlich.