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Die Sars-CoV-2-Mutante ist bereits in 96 Ländern nachgewiesen. Sie ist ansteckender als der Wildtyp und oft schwerer von herkömmlichen Infekten zu unterscheiden.
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Das griechische Alphabet ist seit geraumer Zeit in aller Munde - allerdings nicht unbedingt positiv besetzt. Vor allem der Buchstabe Delta sorgt derzeit weltweit für gewisse Aufregung. Die Coronavirus-Mutation dieses Namens verbreitet sich zusehends auf den Kontinenten. Vielerorts werden zuvor umgesetzte Lockerungen wieder zurückgenommen. Österreich setzt derzeit auf die lang ersehnte Freizügigkeit in Sachen Maßnahmenreduzierung. Eine jüngste Prognose des Gesundheitsministeriums nimmt auch zur Delta-Variante Bezug. Experten raten zur Vorsicht. Die jüngste Mutation sei ansteckender und führe zu mehr Spitalsaufenthalten, heißt es.
In seiner Prognose formulierte das Ministerium folgendermaßen: "Unter der Annahme, dass die Delta-Variante eine erhöhte Transmissibilität von 60 Prozent aufweist und das R eff der Alpha-Variante (B.1.1.7) 0,8 beträgt (wie bspw. am 25. 5. 2021 für Österreich beobachtet), ergibt sich ein R eff der Delta-Variante in der Größe von 1,28. Dies lässt zu erwarten, dass bei einer Delta-Prävalenz von rund 40 Prozent die Anzahl der positiv Getesteten erneut zu steigen beginnt."
Wirkungsweise verändert
Anders gesagt: Es wird angenommen, dass die Übertragbarkeit dieser Virusvariante von einer Person auf eine andere um 60 Prozent höher liegt als bei den bisherigen Formen. Für Delta ergebe sich eine effektive Reproduktionszahl in der Größe von 1,28. Das heißt, dass eine infizierte Person im Laufe ihrer Erkrankung 1,28 weitere Personen ansteckt. Es ist daher davon auszugehen, dass bei einem Vorliegen der Erkrankung in einem Ausmaß von 40 Prozent die Kurve der Infizierten wieder ansteigt.
Aktuelle Daten des Instituts für Infektionsepidemiologie der Ages lassen darauf schließen, dass dieser Anteil österreichweit noch unterschritten wird, aber insbesondere in Wien bei gleichbleibender Entwicklung in wenigen Tagen erreicht werden könnte. Daraus ergibt sich für die Bundeshauptstadt ein erhöhtes Risiko für eine neuerliche Häufung Infizierter.
In anderen Regionen der Welt herrscht bereits Alarmstimmung. Innerhalb Europas ist Großbritannien mit der erstmals in Indien nachgewiesenen Sars-CoV-2-Mutante mit der Bezeichnung B.1.617.2 am stärksten betroffen. Mittlerweile ist ihr Vorkommen mit Stichtag 29. Juni in bereits 96 Ländern bestätigt. Dass sich Delta stärker als andere Varianten der Schutzwirkung der Impfstoffe entziehen können, legen vor allem Zahlen aus Israel nahe. Trotz hoher Durchimpfungsrate mit der Vakzine von Biontech/Pfizer steigen dort die Fallzahlen wieder an. Auch Portugal, Russland und Australien meldeten zuletzt deutliche Anstiege.
Die Wirkungsweise des Virus hat sich bei der Delta-Variante maßgeblich verändert. So wird etwa angenommen, dass sich der Erreger leichter an die Zellen in unserem Körper anheftet und auch leichter ausbreitet als der Wildtyp des Virus. Auch die Alpha-Variante, die erstmals in Kent identifiziert worden war, galt ebenfalls ansteckender als die Urform von Sars-CoV-2. Jedoch hat die Delta-Mutante diese nun überholt.
90 Prozent aller Infizierten
Wie Prognosen des Europäischen Zentrums für Krankheitsprävention und -kontrolle (ECDC) zeigen, könnte Delta bis Ende August rund 90 Prozent aller Covid 19-Fälle ausmachen. Das wäre mit der aktuellen Situation in Großbritannien vergleichbar.
Die Delta-Variante hat auch eine Veränderung der Symptome mit sich gebracht. Diesbezüglich ist sie von anderen üblichen Infekten kaum noch zu unterscheiden. Zwar gehöre Fieber immer noch dazu, betonte zuletzt Tim Spector vom King’s College in London gegenüber der BBC, doch Infizierte, die an der Mutante leiden, klagten immer seltener über den Verlust von Geruchs- und Geschmackssinn. Dies galt bisher als typisches Corona-Symptom. Für einige jüngere Menschen könne sich Covid-19 somit eher wie eine einfache Erkältung anfühlen, so Spector.
Erstmals nachgewiesen wurde Delta im Oktober 2020 im indischen Bundesstaat Maharashtra. Bei B.1.617 wurden durch Mutation drei Aminosäuren im Spike-Protein ausgetauscht. Dieser Virusstamm wird nochmals in zwei Subtypen - nämlich B.1617.1 (Kappa) und B.1.617.2 (Delta) - unterteilt. Es gibt Hinweise darauf, dass die Delta-Variante bedingt durch eine stärkere Bindung des Spike-Proteins an den ACE2-Rezeptor der Wirtszellen, ansteckender ist als der Wildtyp von Sars-CoV-2.
Seit 11. Mai wird B.1.617 von der Weltgesundheitsorganisation zu den "besorgniserregenden Varianten" gezählt.
Delta Plus
Zuletzt wurde von indischen Behörden berichtet, dass eine weitere Variante - bezeichnet als Delta Plus - identifiziert wurde. Dabei handelt es sich um eine Mutation von Delta. Es wird angenommen, dass auch sie ansteckender ist. Delta Plus weist eine zusätzliche Veränderung des Spike-Proteins auf, die auch schon bei der südafrikanischen Beta-Variante zum Vorschein gekommen war. Bisher weiß man allerdings noch wenig über sie.
Impfexperten sind sich jedoch einig, dass die Corona-Vakzine auch für Delta eine hohe Schutzwirkung aufweisen und schwere Verläufe verhindern kann. Zumindest bei voller Immunisierung.