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Wilhelm Molterer soll nach Brüssel wollen. Othmar Karas dürfte ÖVP-Spitzenkandidat werden.
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Es gehört zu den liebgewonnenen Angewohnheiten der Innenpolitik, das Fell des Bären zu verteilen, so lange er sich noch quicklebendig durch die Wälder trollt.
Dieses Mal geht es um den österreichischen Vertreter in der künftigen EU-Kommission. Der ist seit dem EU-Beitritt fest in ÖVP-Hand. Den Posten bekleidet derzeit Benita Ferrero-Waldner.
Vor den EU-Wahlen am 7. Juni mehren sich nun jedoch die Stimmen aus den Reihen der SPÖ, die Anspruch auf diesen prestigeträchtigen Posten erheben. Vereinzelt wird aus roten Reihen auch schon scharf gegen die ehemalige Außenministerin geschossen, die mindestens hundert Sprachen spricht und in ebenso vielen makellos zu lächeln versteht.
Verständlich, dass die SPÖ begehrliche Blicke auf den Kommissions-Posten wirft: Immerhin ist die Partei seit 1999 stärkste Kraft bei heimischen EU-Wahlen, seit 2006 auch wieder Kanzler-Partei. Den Job haben sich trotzdem die Schwarzen gesichert. Nicht nur Hannes Swoboda, Vizepräsident der SPE-Fraktion, würde wollen, wenn man ihn denn fragen sollte; auch Ex-Justizministerin Maria Berger, die soeben wieder die Leitung der SPÖ-Delegation im EU-Parlament übernommen hat, wäre wohl nicht beleidigt; und Alfred Gusenbauer wartet ja noch immer auf ein Jobangebot, das einem Ex-Kanzler würdig ist - der Posten eines EU-Referenten bei der Niederösterreichischen Arbeiterkammer ist nicht frei vom Beigeschmack der Demütigung.
Nachfrage unter Roten wäre also vorhanden. Und sollte die SPÖ bei den EU-Wahlen am 7. Juni erneut Erste werden, hätte sie alle Trümpfe in der Hand. Es sei denn, höhere Überlegungen sprechen dagegen.
So kursiert in Wien das Gerücht, Kanzler Werner Faymann habe gar kein gesteigertes Interesse an einem Brüsseler Top-Job für seine Partei. Ein solcher würde nur die glaubwürdige Beibehaltung des Versprechens einer Volksabstimmung im Falle von zentralen EU-Vertragsänderungen erschweren. Innen- vor Außenpolitik quasi.
Die Chancen Ferrero-Waldners auf Verlängerung würden dennoch kaum steigen, scheint sie doch starke ÖVP-Konkurrenz zu haben: Angeblich soll Ex-Vizekanzler Wilhelm Molterer mit der Idee liebäugeln, nach Brüssel zu wechseln. Zumindest das politische Gewicht des österreichischen EU-Kommissars würde dadurch deutlich erhöht.
Vielleicht sind solche Spekulationen aber ohnedies verlorene Liebesmüh. Die EU sieht es nämlich nicht gern, wenn jedes Land nur eine Person für die Kommission nominiert, immerhin sollten deren Qualifikationen zumindest rudimentär mit dem zu betreuenden Ressort übereinstimmen. Weshalb angeblich der damalige Kanzler Schüssel EU-Kommissionspräsident Barroso 2004 gleich ein ganzes Personalbündel angeboten haben soll. Neben Ferrero-Waldner für Außenpolitik, sollen dies Martin Bartenstein für Wirtschaft, Ernst Strasser für Inneres und Sicherheit sowie Karl-Heinz Grasser für Finanzen gewesen sein.
Apropos EU-Wahl: Othmar Karas dürfte als ÖVP-Spitzenkandidat fix sein -Schüssel soll kein Interesse haben.
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