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Neuer Ansatz in der patientennahen Forschung: Melanom-Medikament wirkt bei Prostatakarzinom.
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Wien. Allwöchentlich zeugen Studien in Fachblättern wie "Nature" oder "Science" davon, wie intensiv die Wissenschaft sich auf der Suche nach neuen Strategien gegen Krebs befindet. Zumeist ist diese Forschung jedoch noch weit weg vom Patienten. Im Falle des Prostatakarzinoms ist jetzt allerdings eine neue Therapie in Sichtweite, wie internationale Forscher unter der Beteiligung Wiener Wissenschafter im Top-Journal "The Lancet Oncology" anführen.
Der bereits im Einsatz befindliche Wirkstoff Ipilimumab wird derzeit beim fortgeschrittenen Melanom erfolgreich angewendet. Der neuen Studie zufolge könnte er auch bald Patienten mit fortgeschrittenem Prostatakrebs Hoffnung geben. So zeige das Immuntherapeutikum bei der Behandlung von gegenüber herkömmlichen Hormon- und Chemotherapien unempfindliche Patienten eine deutlich positive Wirkung, so laut Meduni Wien die Kernaussage der Studie. "Für uns ist es nahezu ein Wunder, dass die Immuntherapie auch in einem so späten Stadium der Erkrankung greift", erklärt Michael Krainer, Leiter der Arbeitsgruppe Urologische Tumore an der Klinischen Abteilung für Onkologie der Meduni. Sein Team war als Leading Recruiting Center für Deutschland und Österreich federführend beteiligt.
Im Rahmen einer Immuntherapie blockiert der eingesetzte monoklonale Antikörper Mechanismen, die bei einer Tumorerkrankung die Körperabwehr mindern und damit das Tumorwachstum beschleunigen. "Die Antikörper von Ipilimumab inaktivieren Bremser und geben so dem eigenen Immunsystem Gas", heißt es in der Aussendung. Jedoch kann sich das so stimulierte Immunsystem auch gegen eigenes Körpergewebe richten. Aufgrund dieser Nebenwirkung eignet sich der Wirkstoff nur für Betroffene mit einem guten Allgemeinzustand. Eine daraufhin abgezielte Studie wird voraussichtlich im Jahr 2015 abgeschlossen sein.
"Aufgrund unserer Ergebnisse gehe ich davon aus, dass diese Studie die Zulassung von Ipilimumab für Patienten mit fortgeschrittenem Prostatakarzinom bringen wird", so Krainer. Prostatakrebs ist die weltweit dritthäufigste Krebsart.
Neue Strategien bei Brustkrebs
Auch im Bereich des Mammakarzinoms eröffnen sich immer wieder neue Strategieansätze. Eine Entdeckung könnte Frauen mit der sogenannten HER2-positiven Variante zugute kommen. Davon ist etwa ein Viertel der von Brustkrebs befallenen Frauen betroffen. Der zur Therapie herangezogene Wirkstoff Herceptin ist zumeist das Mittel der Wahl. Doch in vielen Fällen entwickelt sich im Laufe der Zeit eine Resistenz. HER2 scheint nicht das einzige Protein zu sein, das bei der Krebsart eine Rolle spielt. Wie Wissenschafter des Cold Spring Harbor Laboratory (CSHL) im Bundesstaat New York im Fachblatt "Nature Chemical Biology" berichten, ist auch das Eiweiß PTP1B daran beteiligt. Wurde dieses Protein gehemmt, kam es im Tiermodell zu einer Eindämmung des Tumorwachstums sowie einer Vorbeugung gegen Lungenmetastasen, so das Team um Nicholas Tinks vom CSHL. Noch heuer sollen klinische Studien starten.
Wiener Wissenschafter haben unterdessen den Bauplan für die Herstellung von Proteinen entschlüsselt, genauer gesagt die sogenannte RNA Ligase. Ligasen sind Enzyme, die helfen, zwei Moleküle miteinander zu verbinden. "Man weiß aus Studien an Hefen bereits, dass diese Ligasen an der Abwehr der Zelle gegen Stressfaktoren beteiligt sind", erklärt Javier Martinez vom Institut für Molekulare Biotechnologie (Imba) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien.
Vor allem bei verschiedenen Arten von Brustkrebs und Leukämien vermuten die Forscher einen sehr engen Zusammenhang zwischen der Funktion des Enzyms und dem Ausbruch der Krankheit. "Wenn wir einen Teil der Funktionen der Ligase gezielt blockieren, können wir viel spezifischer bei einer Krebstherapie vorgehen, als dies bisher möglich ist. Die Wirkung des Enzyms ist viel weiter unten in der Signalkaskade der Zelle angesiedelt als herkömmliche Angriffspunkte für Medikamente", so Martinez. Damit öffnen sich neue Perspektiven für eine mögliche Therapie.