Die Suche nach geeigneten Mitarbeitern wird immer schwieriger - viele flüchten in andere Branchen.
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Wien. Wenn die Hotels rund um Silvester bis auf das letzte Zimmer belegt sind, ist das Dilemma besonders groß: Gutes Personal ist in Tourismus und Gastronomie immer schwieriger zu finden - ungeschulte Mitarbeiter und Aushilfen hingegen können Hotelgäste schnell vergraulen. Es ist also gefährlich, beim Personal zu sparen. "Viele Hotels vergessen darauf, wie wichtig es ist, gute Mitarbeiter zu halten. Die beste Hotel-Webseite bringt nichts, wenn die Bewertungen wegen des Service schlecht sind", sagt Elfi Maier, Expertin für Umsatzoptimierung von Hotels.
Die Suche nach qualifizierten Mitarbeitern im Tourismus wird immer schwieriger. Trotz steigender Arbeitslosigkeit - per Ende November gab es in der Tourismusbranche 55.238 Beschäftigungslose (plus 7,6 Prozent, allerdings zählt der November zur Nebensaison) - bleiben tausende Stellen unbesetzt. Alleine 1500 Lehrstellen sind derzeit offen, im Westen mehr als im Osten.
Der Geschäftsführer der Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft in der Wirtschaftskammer Österreich, Rainer Ribing, sieht ein großes Imageproblem bei Arbeitsplätzen im Service: "Es ist in der heutigen Zeit einfach nicht cool, zu dienen."
Sogar Abwäscher haben zum Teil All-inclusive-Verträge
Aus Sicht der Gewerkschaft vida ist der Personalmangel im Tourismus hausgemacht. Laufend melden sich Tourismus-Beschäftigte bei Gewerkschaft oder Arbeiterkammer und klagen über unzumutbare Arbeitsbedingungen: Die erlaubte Arbeitszeit von maximal zehn Stunden pro Tag werde überschritten, Ruhezeiten nicht eingehalten. Körperlich anstrengende Arbeit, hohe Stressbelastung und oft niedrige Löhne sorgen unter anderem dafür, dass 29 Prozent der Jugendlichen ihre Lehre im Tourismus abbrechen und viele Beschäftigte nach kurzer Zeit in andere Branchen wechseln.
Die Gewerkschaft fordert seit Jahren von den Betrieben, die Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass einerseits wieder mehr junge Arbeitskräfte in die Branche kommen wollen - trotz schwieriger Rahmenbedingungen - und andererseits bestehende Beschäftigte länger, motiviert und gesund im Job bleiben können.
Außerdem fordern die Arbeitnehmervertreter ein Einkommen, von dem man leben kann, und die strengere Kontrolle der Einhaltung von Gesetzen. Die niedrige Bezahlung gilt als verantwortlich dafür, dass nur wenige einen Job im Tourismus anstreben. Ein großes Problem sind All-inclusive-Verträge, sagt Rudolf Komaromy, Vorsitzender der vida-Bundesfachgruppe Tourismus. Diese Verträge sind für Leitungspositionen vorgesehen, werden mittlerweile aber auch mit Abwäschern und Hausdamen abgeschlossen, sagt Komaromy: "Mit einem fixen Betrag wird die gesamte Leistung abgegolten, die Beschäftigten fallen um Überstundenzuschläge und sämtliche Zulagen um. Wenn man sich den Stundensatz für die erbrachte Leistung ausrechnet, liegt dieser oft deutlich unter dem kollektivvertraglich vorgeschriebenen Mindestlohn." Der Mindestlohn für die rund 200.000 Beschäftigten im Hotel- und Gastgewerbe wurde mit Mai 2013 auf 1320 Euro brutto monatlich angehoben - einige Betriebe (etwa Hotelketten) haben aber einen eigenen Kollektivvertrag, der höhere Summen vorsieht. Im Hotel- und Gastgewerbe in der Steiermark sowie in der Gastronomie in Wien wird jedoch noch nach dem Garantielohnsystem bezahlt, das einen niedrigeren Grundlohn und eine Umsatzbeteiligung vorsieht. In anderen Bundesländern wird ein Festlohn bezahlt, die Wiener Kaffeehäuser und die Wiener Hotellerie sind beispielsweise 2013 auf dieses System umgestiegen.
Ribing weist jedoch darauf hin, dass sich im Tourismus gutes Trinkgeld - steuerfrei - verdienen lässt. Wer auf Saison gehe, könne dabei ordentlich verdienen.
Mühsame Personalsuche in krisengebeutelten Ländern
Die Zahl der Beschäftigten im Tourismus ist laut Österreichischer Hoteliervereinigung (ÖHV) in den vergangenen zehn Jahren um 25 Prozent gestiegen. Um offene Stellen zu besetzen, wurde Tourismuspersonal auch in den krisengebeutelten Ländern Griechenland und Spanien gesucht. Allerdings mit mäßigem Erfolg: Nach monatelanger Suche in Griechenland für das Salzkammergut fing beispielsweise nur ein einziger Lehrling in der Region an. Insgesamt waren zuletzt rund 1100 Spanier und Griechen hierzulande im Tourismus beschäftigt - das ist zwar fast 30 Prozent mehr als vor einem Jahr, aber noch immer eine überschaubare Anzahl.
Wie wichtig ausländische Arbeitskräfte für den heimischen Tourismus sind, zeigt sich besonders im Osten Österreichs sowie in Wintersportorten zur Hauptsaison. Rund 12.500 Ungarn und rund 4650 Slowaken waren zuletzt in Österreich - meist als Kellner oder Hilfskraft - tätig.
Aus Rumänien und Bulgarien arbeiteten zuletzt 3600 Personen im heimischen Tourismus. Das Fallen der letzten Job-Schranken für diese Länder mit 1. Jänner 2014 wird allerdings kaum große Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben, heißt es aus dem AMS: Einerseits wegen der geografischen Distanz, andererseits sei ein Großteil der potenziellen Arbeitskräfte bereits vor 2014 in Österreich tätig gewesen. Erwartet wird, dass 8400 neue Arbeitskräfte aus diesen Ländern im Dezember 2014 im Vergleich zu Dezember 2013 in Österreich beschäftigt sein werden.