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Dem Vatikan stehen wohl ein paar magere Jahre bevor

Von Carola Frentzen

Politik

Kardinal Sergio Sebastiani lächelt: "Erinnern Sie sich an den Traum des Pharao aus dem Alten Testament? Den mit den sieben fetten Kühen und den sieben mageren Kühen?" Genau wie in dieser biblischen Metapher stünden auch dem Vatikan nach sieben fetten Jahren sieben magere Jahre bevor, erklärt der Würdenträger, der für die Finanzen des Kirchenstaates verantwortlich ist.


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Im Klartext heißt das, dass der Vatikan bis zum Jahr 2000 stetig einen Überschuss erwirtschaftet hatte, während nun bereits die zweite tiefrote Bilanz in Serie zum Vorschein gekommen ist. Im vergangenen Jahr hat sich das Budget-Defizit sogar von 3,5 Mill. Euro 2001 auf 13,5 Mill. Euro vervierfacht.

"Das Geld reicht nicht", begrüßt ein Vatikansprecher die Journalisten der Bilanz-Pressekonferenz im Vatikan. Dieser Satz kann wohl nur ironisch gemeint sein. Denn auch die derzeitigen Verluste, die mit dem ungünstigen Verlauf der Weltwirtschaft erklärt werden, können dem reichen Kirchenstaat kaum etwas anhaben. Schließlich verfügt der Vatikan nach eigenen Angaben über ein konsolidiertes Netto-Vermögen von 700 Mill. Euro, womit das Defizit locker abgedeckt werden kann. Zudem sind in dieser Summe die meisten Gebäude und Kirchen, wie etwa der Petersdom, nur mit einem symbolischen Wert von etwa einem Euro berücksichtigt.

Und so ist die Stimmung unter den katholischen Finanzherren keineswegs getrübt. Im Gegenteil: Viele Geschäfte seien ja durchaus positiv verlaufen, betonen die Kirchenmänner immer wieder. "Dem guten Gott sei Dank läuft wenigstens das Immobilengeschäft gut", bringt es Ivan Ruggiero, der höchste Finanzbeamte des Kirchenstaates, auf den Punkt. Hier sei 2002 ein Überschuss von 19 Mill. Euro verbucht worden, nach 12,9 Mill. Euro im Vorjahr.

Ein größeres Fiasko hätten vor allem auch die Spendeneinnahmen verhindert: Sie stiegen um stolze 15 Mill. Euro auf 85,4 Mill. Euro. Dabei handle es sich vor allem um Beiträge amerikanischer, deutscher und italienischer Diözesen. "Damit hatten wir nicht gerechnet", sagt Sebastiani.

Dennoch: Die Krise könnte vor allem unter den Angestellten des Kirchenstaates spürbar werden. So ließ Sebastiani offen, ob für die rund 2000 Bediensteten und Rentner des Vatikans zum 25. Amtsjubiläum des Papstes im Oktober eine Prämie gezahlt wird. Zum 20. Jubiläum vor fünf Jahren hatte jeder Angestellte noch 500 Euro erhalten. Dies sei eine "ganz persönliche Geste der Großzügigkeit des Papstes", sagen die Finanz-Kardinäle. Und wie großzügig der Papst demnächst sein wird, das hängt davon ab, wie mager die kommenden Jahre sind.