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"Dem Vertrauensvorschuss müssen jetzt Taten folgen"

Von Erika Bettstein

Wirtschaft

Unterstützung für die Bundesregierung und Verständnis für den der Wirtschaft zur Budgetkonsolidierung auferlegten Beitrag von rund 15 Mrd. Schilling äußerte Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl am Dienstagabend bei einem Pressegespräch. Bis jetzt liege seitens der Regierung lediglich eine "Potenzialabschätzung" vor. Sie müsse vor dem Hintergrund der guten Konjunktur rasch die entsprechenden Maßnahmen zur Erreichung des Null-Defizit-Ziels realisieren und dürfe das in sie auch seitens der Bevölkerung gesetzte Vertrauen nicht enttäuschen. Für die Wirtschaft werde er, Leitl, den Reformfortschritt "mahnend und unbequem beobachten und begleiten" und erwartet danach - also 2003 - entsprechende Rückflüsse an die Wirtschaft im Zuge einer Steuerreform.


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Zwei Dinge stünden nun "im Vordergrund, die Budgetkonsolidierung und der Wirtschafts- und Arbeitsstandort Österreich", sagt Leitl. Ein zentrales Anliegen ist ihm dabei die "Verbesserung der Situation für Klein- und Kleinstbetriebe". Nicht gespart werden dürfe daher bei den Förderkrediten der Bürges-Bank: "100 bis 200 Mill. Schilling" aus dem Wirtschaftsressort von Minister Martin Bartenstein werden "das Wohl und Wehe der Republik" nicht gefährden, stellen aber für die kleinen Betriebe "eine ermutigende und wichtige Unterstützung bei der Bewältigung neuer Herausforderungen wie e-Commerce, Euro-Umstellung und existenzsichernder Modernisierungen dar", ist Leitl überzeugt.

Es werde Finanzminister Karl-Heinz Grassers "Meisterstück" sein, die Bundesstaatsreform zu Stande zu bringen. Nach dem Beispiel der Kammerreform - 20%ige Kostensenkung bei gleichzeitiger Senkung der Mitgliedsbeiträge um 30% - bietet Leitl "Know-How und Unterstützung" bei diesem "Megaprojekt" an. Effizientere Strukturen müssten vor allem in der öffentlichen Verwaltung geschaffen werden - der Wirtschaftskammerpräsident ortet hier ein "relativ kurzfristiges" Einsparungspotenzial von rund 20 Mrd. Schilling. Zur Umsetzung der notwendigen Reformen - "Die Wirtschaftskammer ist immer dafür eingetreten, von Defiziten Abstand zu nehmen, konnte sich aber bei früheren Regierungen nicht durchsetzen" - würde die Wirtschaft auch die "überraschend hohen" einnahmenseitigen Maßnahmen mittragen, erwarte sich dann aber etwa eine Senkung der Lohnnebenkosten. Die Wirtschaft müsse "zur Sicherung des Standortes und der durchaus möglichen Vollbeschäftigung in Österreich" auch wieder entlastet werden, formuliert Leitl seine "durchaus realistischen" Erwartungen. Wirtschaftskammer-Generalsekretär Reinhold Mitterlehner mahnte auch eine Zurückhaltung bei den kommenden Lohnverhandlungen ein: Die Ertragslage der Betriebe dürfe "bei den jetzigen Belastungen nicht weiter verschlechtert werden". Zudem seien die Lohnabschlüsse in den Nachbarländern als "europäische Benchmarks" zu beobachten, ergänzte Leitl. Auch angesichts der bevorstehenden EU-Osterweiterung seien "die Barrieren" durch überhöhte Lohnforderungen "nicht selbst zu erhöhen". Ablehnend äußerte sich Leitl über eine Volksabstimmung zur Erweiterung: "1994 hat die Bevölkerung mit dem Ja zur EU auch den Euro und die Osterweiterung mitgewählt". Neuerlich sprach er sich für eine Zusammenlegung der Außenhandelsstellen der Wirtschaftskammer mit den Büros der Österreich Werbung (ÖW) aus - "und zwar jetzt oder nie". Bis Ende September würden die steuerlichen und unternehmensrechtlichen Möglichkeiten geprüft, dann solle die Entscheidung für "ein leistungsstarkes, einheitliches Außennetz" fallen.