Washington - Die Demokraten träumen von der Rückeroberung des US-Kongresses, doch Experten erwarten keine klaren Mehrheiten. "Egal welche Partei letztlich die beiden Häuser des Parlaments kontrolliert, keine von ihnen dürfte zur dominanten Kraft werden", prophezeit der Leitartikler William McKenzie von den "Dallas Morning News".
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Im Repräsentantenhaus verfügen die Republikaner derzeit über eine knappe Mehrheit von sechs Sitzen, im Senat liegen sie acht Sitze vorn. "Noch-First Lady" Hillary Clinton gehört zu den demokratischen Senatskandidaten, die am Dienstag unbedingt gewinnen müssen, wenn ihre Partei die republikanische Herrschaft im "Oberhaus" beenden will.
Zwar nehmen die Kongresswahlen in der öffentlichen Aufmerksamkeit weniger Raum ein als das Rennen ums Weiße Haus. Doch in den Bundesstaaten liefern sich demokratische und republikanische Bewerber harte Einzelkämpfe um Mandate in den beiden Parlamentskammern. Alle 435 Abgeordneten des Repräsentantenhauses und ein Drittel der Senatoren stehen zur Wahl. Besonders umkämpft sind zwei Dutzend Abgeordnetenmandate und rund zehn Senatssitze. Der Wahlkampf, der sich oft an Themen von lokaler Bedeutung orientiert, verschlingt hunderte Millionen Dollar.
Der demokratische Fraktionschef Richard Gephardt ist zuversichtlich, dass er den Republikanern diesmal die Mehrheit entreißen kann. Im Fall eines Machtwechsels würde er Parlamentspräsident. "Wir haben gute Kandidaten rekrutiert, doppelt soviele Spenden geworben wie sonst und gute Kampagnen geführt", meint der Demokrat aus Missouri. "Wenn alles nach Plan läuft, dann werden wir gewinnen."
Die Demokraten könnten bis zu zehn Kongressmandate hinzugewinnen, sagt der Politologe Norm Ornstein vom American Enterprise Institute, einer Denkfabrik in Washington. Wahrscheinlicher sei jedoch, dass durch die Wahlen eine hauchdünne Mehrheit von ein bis zwei Sitzen entstehe.
Seit die konservativen "Revolutionäre" um den Republikaner Newt Gingrich 1994 beide Parlamentskammern im Sturm eroberten, regieren der republikanisch beherrschte Kongress und der demokratische Präsident Bill Clinton in Washington mehr gegen- als miteinander.
1995/96 führte das Patt zeitweise zur Schließung von Regierungsstellen, weil keine Einigung über die Staatsausgaben erzielt werden konnte. Bei den Parlamentswahlen vor zwei Jahren mussten die Republikaner schwere Verluste hinnehmen, unter anderem weil sie gegen den Willen der Bevölkerungsmehrheit wegen der Lewinsky-Affäre ein Amtsenthebungsverfahren gegen Clinton eingeleitet hatten.
McKenzie vermutet, dass die US-Wähler ausgeglichene Kräfteverhältnisse zwischen Kongress und Weißem Haus geradezu anstreben. Dies garantiere eine zur Mitte orientierte Politik, meint der texanische Leitartikler. Im US-Parlament gibt es keinen Fraktionszwang, so dass für Gesetze immer neue Koalitionen geschmiedet werden müssen. Knappe Mehrheiten machten das Regieren sehr schwer, gibt Ornstein zu bedenken. Ob sich in Washington etwas bewegt, hängt nicht zuletzt von der Persönlichkeit des nächsten Präsidenten ab.