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Demokratie als zartes Pflänzchen in der Wüste

Von Jim Heintz und Bagila Bukharabyeva, AP

Politik

In den ehemaligen Sowjetrepubliken Kirgisistan und Tadschikistan finden am Sonntag Parlamentswahlen statt. In beiden zentralasiatischen Ländern macht die Opposition geltend, in ihrem Wahlkampf massiv behindert worden zu sein. In Kirgisien sprechen die Medien in Anspielung an die Entwicklungen in Georgien und der Ukraine von einer bevorstehenden "Tulpenrevolution". In Tadschikistan scheint die Regierung indessen noch ganz die Oberhand zu haben.


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Die kirgisische Opposition beklagt vor allem den Ausschluss prominenter Kandidaten mit fadenscheinigen Begründungen. So dürfe etwa Rosa Otunbajewa nicht antreten, weil sie die letzten fünf Jahre keinen Wohnsitz im Land gehabt habe. Der Grund dafür sei aber, dass die Diplomatin in dieser Zeit ihr Land in Großbritannien und den USA vertreten habe. In dem Wahlkreis, in dem sie kandidieren wollte, tritt die Tochter von Präsident Askar Akajew an.

Akajew, der seit der Unabhängigkeit von der ehemaligen Sowjetunion im Amt ist, hat viele Reformen durchgeführt und sich auch dem Westen gegenüber offen gezeigt. Dadurch galt Kirgisistan einst als Insel der Demokratie in Zentralasien. In letzter Zeit scheint der Präsident jedoch immer härter gegen seine politischen Gegner vorzugehen. Anfang 2003 setzte er ein Verfassungsreferendum an, das von der Opposition mit der Begründung boykottiert wurde, Akajew wolle nur die Machtbefugnisse des Staatsoberhauptes stärken. Zuvor waren bei einer Demonstration sechs Oppositionsanhänger von Polizisten erschossen worden.

Mit dem für die Regierung erfolgreichen Referendum wurde eine der beiden Parlamentskammern in Bischkek abgeschafft. Die verbliebene mit 75 Sitzen soll am Sonntag neu besetzt werden. Da nach dem reinen Mehrheitsrecht gewählt wird, kommt bekannten Persönlichkeiten ein höherer Stellenwert zu als politischen Parteien. Der Ausgang der Abstimmung gilt auch als Barometer für die Präsidentenwahl im Oktober. Noch schließt die Opposition Proteste auf der Straße aus, doch halten Beobachter eine Massenbewegung gegen die Regierung durchaus für möglich.

Hartes Regime in Duschanbe

In Tadschikistan ist die Opposition mit ihrer Kritik relativ zurückhaltend, um nicht des Aufruhrs beschuldigt zu werden. Der Unabhängigkeit des Landes von der Sowjetunion folgte 1991 ein Bürgerkrieg zwischen der moskaufreundlichen Regierung und der islamischen Opposition. Dem Konflikt fielen etwa 100.000 Menschen zum Opfer, bis die UN 1997 einen Burgfrieden aushandelten.

Bereits 1994 wurde Emomali Rachmonow Präsident. Seitdem scheint er das Land voll im Griff zu haben. Beobachter erwarten, dass seine Nationaldemokratische Partei auch nach der Wahl die meisten der 63 Parlamentsmandate in Duschanbe besetzen wird. Zur Zeit hat sie eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Die Opposition beklagt, dass ihre Kandidaten im Wahlkampf massiv behindert und eingeschüchtert worden seien. Zudem sei den Wählern in verschiedenen Kommunen mit der Einstellung von Entwicklungsprojekten gedroht worden, falls sie am Sonntag für die Opposition stimmten.