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Demokratie heißt Wechsel

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
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Auch wenn es viele nicht wahrhaben wollen: Der Kern von Demokratie liegt im regelmäßigen Austausch der Mächtigen. Zumal in Zeiten, in denen nicht nur die ideologischen Unterschiede zwischen den kandidierenden Parteien, sondern auch die autonomen nationalen Handlungsspielräume immer geringer werden.

Diesen Wechsel im Personal sicherzustellen wäre eigentlich Aufgabe des politischen Wettbewerbs zwischen den Parteien. Da jedoch alle demokratiepolitische Theorie grau und schwach, der allzu menschliche Geist jedoch höchst kreativ ist, wenn es um die Vermeidung unpraktischer Veränderungen geht, haben Österreichs Parteien ein höchst wirksames Konzept entwickelt, in dem zwar die Wähler um ihre Meinung gefragt werden, dessen oberstes Ziel jedoch darin besteht, dass möglichst alles beim Alten bleibt.

Der Proporz, also die Beteiligung der Parteien an der Landesregierung gemäß ihrer Stärke, war so ein Mittel zum Zweck, Veränderungen möglichst hintanzuhalten, indem etwa klare politische Verantwortlichkeiten tunlichst verwischt werden. Die Wähler haben jedoch ein Recht auf transparente Rollenverteilung und dazu gehört die klare Trennung zwischen Regierung und Opposition.

Es gibt Situationen, in denen die Einbindung möglichst aller politischen Kräfte geboten ist, in schweren Krisen oder nach Kriegen etwa, wenn der natürliche Wettbewerb um die Macht hinter das Bemühen um Einheit zurückgestellt werden muss. Spätestens seit dem Staatsvertrag liegt Österreichs grundsätzliches Problem nicht in einem Zuviel, sondern in einem Zuwenig an Wettbewerb auf allen Ebenen des politischen Systems.

Dass sich nun in der Steiermark SPÖ und ÖVP nach jahrelangem Streit endlich dazu durchgerungen haben, der Konzentrationsregierung auf Landesebene Adieu zu sagen, ist das ein wirklicher Durchbruch. Gratulation nach Graz. SPÖ und ÖVP zeigen dort vor, dass sich eine große Koalition nicht notgedrungen in der Verwaltung der bestehenden Verhältnisse erschöpfen muss.

Jetzt fehlen nur noch Niederösterreich, Oberösterreich, Kärnten, Burgenland und Wien, dann hätte Österreich zumindest im Hinblick auf die Ebene der Landesregierungen demokratiepolitische Verhältnisse auf der Höhe der Zeit. Dazu gehört dann zweifellos aber auch eine massive Stärkung der parlamentarischen Minderheitenrechte.