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Demokratische Fußfesseln

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Korruption oder Freunderlwirtschaft seien keine Neuerscheinung, sagte Richter Georg Olschak in der Urteilsbegründung zu Ernst Strasser. "Was neu ist, ist diese Offenkundigkeit, diese unverschämte Offenheit, mit der sie praktiziert wird." Nun, genau deswegen hat nun auch Maria Fekter ein massives Problem. Die Homepage "innensicher.at" kostet am Markt nicht einmal ein Zehntel dessen, was vom Innenministerium dafür bezahlt wurde. Hinzu kommen extrem hohe Beratungshonorare, die an eine Agentur bezahlt wurden, die ganz eindeutig der ÖVP nahesteht, und für die es keine Ausschreibung gab.

All dies muss Fekter nun dem Nationalrat erklären. Wenn der dazugehörige Rechnungshof-Bericht erscheint, wird die Frage der politischen Verantwortung erneut aufs Tapet kommen. In Salzburg trat Finanz-Landesrat David Brenner wegen seiner politischen Verantwortung für die Spekulationsaffäre zurück - zu Recht.

Österreich hat sich verändert. Freunderlwirtschaft auf Steuerzahlerkosten wird nicht länger als gottgegeben hingenommen, sondern abgestraft.

Viele der jetzt diskutierten Vorkommnisse rund um Karl-Heinz Grasser und Ernst Strasser wurden in den Jahren nach 2000 ebenfalls kritisiert - von der damals oppositionellen SPÖ. Die Medien berichteten darüber, doch es geschah wenig. Die Justiz erweckte den Eindruck, sich nicht sonderlich dafür zu interessieren. Und die Regierungsmehrheit stimmte im Parlament alles nieder.

All dies ist nun anders. Die Öffentlichkeit verlangt einen sensiblen Umgang mit Steuergeld, die Justiz geht entschlossener vor. Unbedingt erforderlich wäre es nun, dass auch das Parlament darauf reagiert. Der Klubzwang ist in so einer politischen Welt ein Fremdkörper. Und viele (nicht alle) Abgeordnete sind aufgerufen, ihre Jobs ernster zu nehmen - Beispiel Rechnungshof: Dessen Berichte werden vermutlich von sehr wenigen Abgeordneten tatsächlich gelesen. Der vernichtende Bericht über das Bundesheer ist seit Mai 2012 öffentlich zugänglich, hat aber in der Debatte um das Bundesheer keine Rolle gespielt. Kurios.

Dass es den jeweiligen Regierungsparteien gelegen kommt, wenn ihre Abgeordneten unkritisch sind, mag komfortabel sein. Aber wie gesagt, die politische Welt hat sich geändert. Und damit auch die Anforderung an Abgeordnete.