Freiheitlicher EU-Mandatar Mölzer im Interview. | "Wiener Zeitung": Sie haben die Unterzeichnung des EU-Reformvertrags von Lissabon als "schlechten Tag für die Völker Europas" kommentiert. Warum? | Andreas Mölzer: Weil der Vertrag einen weiteren Schritt weg vom Staatenverbund hin zu einem europäischen Bundesstaat darstellt. Die Souveränität der Nationalstaaten wird durch die neuen Abstimmungsmodalitäten und die Ausweitung des Mehrheitsvotums abgewertet - das ist nun einmal eine Tatsache. Hinzu kommt, dass der Vertrag völlig unleserlich ist.
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Das Veto war aber auch bisher nur theoretische Option: Eingesetzt wurde es nie, dafür war offensichtlich der politische Druck der übrigen Staaten stets zu groß.
Das stimmt schon, aber oft hat auch die Drohung mit einem Veto bereits ausgereicht, einen vertretbaren Kompromiss zu erzielen.
Die FPÖ fürchtet lautstark um die nationale Identität, Umfragen belegen jedoch, dass trotz steigender EU-Integration der Nationalstolz Rekordwerte erreicht.
Ein gesunder Patriotismus in rot-weiß-rot wird von den Menschen offensichtlich als wichtiger Ausgleich zur zunehmenden europäischen Integration empfunden.
Sie beklagen die politische Marginalisierung der Nationalstaaten, doch dafür gibt es auch Gründe: Für viele Politikfelder bedarf es schlicht europäischer Lösungen.
Natürlich lassen sich Klima- und Transitpolitik, aber auch der Verlagerungsdruck bei Arbeitsplätzen nur auf europäischer Ebene lösen. Aber: Es wird eben immer deutlicher, dass Demokratie offensichtlich ausschließlich auf der Ebene des Nationalstaats möglich ist. Auch unter dem neuen Vertrag bleibt die wahre Macht beim EU-Rat - und der besteht aus den Regierungen der Staaten und ist keine Legislative.
Aber ist der EU-Vertrag nicht gerade demokratiepolitisch ein Schritt vorwärts?
Dass es jetzt die Möglichkeit eines europäischen Bürgerbegehrens gibt, halte ich für eine Farce, ein Potemkinsches Dorf. Die dafür notwendige Zahl von einer Million Bürger lässt sich nicht so leicht mobilisieren, auch die Mindestzahl der notwendigen Staaten ist nur vage definiert. Und die Kommission ist nicht zum Handeln verpflichtet
Die FPÖ wird am Mittwoch im Nationalrat neben dem BZÖ als einzige Partei den Vertrag ablehnen. Geht es dabei in Wirklichkeit nicht nur um leicht gewonnene Wählerstimmen?
Nein, europapolitisch hat die FPÖ stets eine konsistente Linie verfolgt: Man kann proeuropäisch und zugleich extrem EU-kritisch sein. Dass es dabei zu mancher Polemik kommt, gehört auch dazu.