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Für seinen ersten offiziellen Auslandsbesuch wählte Kanzler Sebastian Kurz Paris - das ist ein Novum und ein Signal.
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Paris. Wenn zwei junge politische Hoffnungsträger, deren Karrieren raketenschnell nach oben schossen, aufeinandertreffen, stechen zuerst die Gemeinsamkeiten ins Auge: Bundeskanzler Sebastian Kurz, 31, und Emmanuel Macron, 40, strahlen jeweils jugendliche Ambition gepaart mit einem unerschütterlichen Selbstbewusstsein aus. Beide waren am Freitag bei Kurz’ erstem Besuch in Paris als Kanzler bemüht, eben diese Gemeinsamkeiten - auch ihrer politischen Vision - hervorzuheben. "Österreich und Frankreich sind einerseits durch starke Werte miteinander verbunden, aber auch dadurch, dass sie positive Veränderungen in der EU zustande bringen wollen", sagte Kurz nach dem Gespräch mit Macron bei einer gemeinsamen Pressekonferenz. Dessen Projekt einer großen europaweiten Bürgerbefragung zur Vorbereitung der Europawahlen 2019 begrüße und unterstütze er.
Beide sprachen sich dafür aus, Europas Wettbewerbsfähigkeiten gerade in Zeiten der Digitalisierung stärken zu wollen und Verzerrungen des Marktes gegenzusteuern. Auch die "guten Neuigkeiten" aus Deutschland, wo sich CDU, CSU und SPD auf Koalitionsgespräche einigten, begrüßten beide Vertreter deutscher Nachbarländer ausdrücklich. Dieser sei bereits erwartet worden - von Europa und von Frankreich, sagte Macron.
"Punkte, bei denen es Kompromisse zu finden gilt" - wie Macron die Kontroversen diplomatisch umschrieb - , stellten er und der Kanzler weniger heraus. Zwar habe die Koalition mit der FPÖ für eine gewisse "Beunruhigung" gesorgt, räumte der Gastgeber ein; aber Kurz stehe für eine "klare europäische Ambition".
Frankreichs politischer Aufsteiger hatte sich im Präsidentschaftswahlkampf als scharfer Gegenspieler zur Rechtspopulistin Marine Le Pen positioniert - welche sich wiederum auf europäischer Ebene unter anderem mit der FPÖ in der gemeinsamen Fraktion "Europa der Nationen und der Freiheit" zusammengeschlossen hat.
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"Messt uns an unseren Taten"
"Österreich ist ein pro-europäisches Land", betonte Kurz: Er bitte darum, die Regierung "an unseren Worten und Taten zu messen". Sie wolle Europa zum Positiven verändern und die EU-Ratspräsidentschaft dafür nutzen, die es im zweiten Halbjahr übernimmt, so der ÖVP-Politiker weiter.
Dass die erste Visite für bilaterale Gespräche eines österreichischen Kanzlers in Paris stattfand, ist ein Novum; am Mittwoch folgt ein Gespräch mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin. Das wurde als klares politisches Signal gewertet, nachdem die von der FPÖ nominierte Außenministerin Karin Kneissl als erste Ziele die EU-skeptischen Visegrad-Staaten Slowakei und Ungarn ausgewählt hatte. Kneissl rechtfertigte sich nach Kritik damit, bei Bratislava und Wien handele es sich um die beiden weltweit am nächsten gelegenen Hauptstädte.
Kurz vor Weihnachten fuhr Kurz nach Brüssel, wo er sich einen Pro-Europäer nannte und auch damit signalisierte, dass Österreich ein verlässlicher EU-Partner bleibe. Dasselbe gilt für die Annäherung an Macron. Der Staatschef fährt einen klar europafreundlichen Kurs und hat bei einer vielbeachteten Grundsatzrede in der Pariser Universität Sorbonne im September seine Vision einer vertieften Zusammenarbeit innerhalb Europas und der Eurozone skizziert: Seine Vorschläge betrafen zahlreiche Bereiche von einer intensivierten gemeinsamen Verteidigung und dem gemeinsamen Schutz der Außengrenzen über die Harmonisierung der Unternehmenssteuern bis zu einer gemeinschaftlichen Asylpolitik. Als Macrons Vorzeigeidee gilt sein Wunsch, ein eigenes Euro-Budget mit zuständigem Finanzminister einzuführen.
Kurz erklärte, wichtig sei in seinen Augen eine stärkere Kooperation bei den großen Fragen, während sich die EU bei Fragen, wo die Nationalstaaten und Regionen für sich entscheiden könnte, zurücknehmen solle. Seine Sicht von einem "Europa der Subsidiarität" hatte der 31-Jährige bereits vorab in einem Interview mit der französischen Zeitung "Le Figaro" betont.
Brückenbauer
Dort nannte er Österreich einen "Brückenbauer" mit Mittlerfunktion innerhalb Europas. Priorität sei für ihn die Sicherheit der Bürger: "Es geht darum, gegen die Radikalisierung, den Terrorismus und die illegale Immigration zu kämpfen und den Schutz der Außengrenzen Europas abzusichern". In der Flüchtlingsfrage sei nur ein gemeinsamer Weg möglich, so Kurz. Macron erklärte, es müssten Lösungen gefunden werden, die "gleichzeitig human und effizient" seien. Die Regierung in Paris will im Frühjahr ein neues Migrationsgesetz verabschieden, dass besseren Schutz für Menschen vorsieht, die Anspruch auf Asyl haben - aber zugleich erlaubt, alle anderen schneller abzuschieben.
Abschließend erklärte Kurz, er sei "froh, wenn es neben der starken, großen deutsch-französischen Achse eine starke, wenn auch kleinere österreichisch-französische Achse gibt": Er habe den Eindruck, die anderen europäischen Länder wollten mit der neuen österreichischen Regierung gut zusammenarbeiten, hatte er im "Figaro" erklärt. Auch sein Treffen mit dem Oberrabbiner von Paris, Haim Corsia, sei sehr positiv verlaufen, betonte Kurz.