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Den Boulevard an die Kette legen

Von Bernhard Baumgartner

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Großbritannien war lange für seine Boulevardpresse berüchtigt. Kampagnen, Hetze, Infotainment auf Kosten anderer, das war der Ruf der Tabloids. Ihm gegenüber stand eine Qualitätspresse, die ihresgleichen in ganz Europa suchte. Es bedurfte eines der größten Skandale der Pressegeschichte, um aufzudecken, wie die Zeitungen zu ihren intimen Informationen kamen. Da wurden Handys abgehört, Accounts gehackt, Detektive beschäftigt, um Promis, aber auch einfache Bürger, die Opfer eines Verbrechens geworden waren, abzuhören - und die so gewonnene "Information" als Schlagzeile auszuschlachten. Die Opfer wurden immer wieder aufs Neue zu Opfern.

Es ist klar, dass das Auffliegen dieses Skandals Folgen hatte und haben wird. In diesem Licht ist nun die Forderung nach einem neuen Presserat, der empfindliche Geldstrafen verhängen kann, zu sehen. Lordrichter Brian Leveson sprach von Strafen bis zu einer Million Pfund, die das Kontrollorgan verhängen soll. Klingt angesichts der Delikte nicht unangemessen. So ein machtvolles Instrument würde aber einen Presserat wohl überfordern. Ein Presserat ist traditionell ein Selbstkontrollorgan, keine Medienbehörde. Wenn solche Organe auch strafen könnten, käme ihnen eine behördliche Funktion zu - verbunden mit Urteilen, die auch in höheren Instanzen halten müssten. Damit hätte die Selbstkontrolle ein Ende, die staatliche Zuständigkeit wäre tangiert. Es ist daher wohl besser, Strafen in dieser Höhe den Justizapparaten zu überlassen. Notfalls auch mit verschärften Mediengesetzen, die Verstöße zielsicher ahnden.