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Den Brillenkameras fehlt der Durchblick

Von Christian Mayr

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Angesagte Revolutionen finden bekanntlich nicht statt. So ergeht es bei der Ski-WM auch den Brillenkameras, die den TV-Konsumenten vorab als Weltsensation verkauft wurden, da sie ganz neue Perspektiven auf den alpinen Rennlauf ermöglichen würden. Nach dem Einsatz in zwei Bewerben entpuppt sich die "RiCam", deren Entwicklung laut Hersteller "viele hunderttausend Euro gekostet" hat, aber eher als Störfaktor denn als spannende Bereicherung. Die Bilder sind im Flutlichtglanz ungewohnt verschwommen; der Winkel scheint zu stark nach unten geneigt, sodass man oft nur den Schnee sieht; und die wirklichen Spitzenfahrer haben sich die Spezialbrille auch noch nicht umgeschnallt. Bezeichnend etwa die Szene, als Marcel Hirscher die Kamera im Training testete und er dann höflich, aber bestimmt meinte, man müsse noch dran arbeiten. Schließlich stören ihn das Surren während der Fahrt und der ungewohnte Klang der Kippstangen, die statt auf den Helm auf das Plastik der Kamera knallen. Wer weiß, wie sensibel Slalom- und Riesentorläufern auf jede Beeinträchtigung reagieren, kann verstehen, dass sich niemand in den wichtigsten Saisonrennen derart ablenken lassen will.

Eher enttäuschend verlief auch der Einsatz in den Duell-Rennen des spektakulären Teambewerbs - denn die um jedes Tor fightenden Gegner gelangten gar nicht in den Blickwinkel der Kamera. Was in der Formel 1 nicht mehr wegzudenken ist - beginnend mit Nakajimas Bord-Kamera Ende der 1980er Jahre - muss nicht auch im Ski-Rennsport funktionieren.