Zum Hauptinhalt springen

Den Februar überstehen

Von WZ-Korrespondent Klaus Stimeder

Politik

Der 1. März (Super Tuesday) wird das Feld der Kandidaten gehörig verkleinern.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 9 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Washington D.C./Concord. Nach dem Caucus ist vor den Vorwahlen. Der Kalender, den die Kandidaten für die Nominierung ihrer Parteien für die US-Präsidentschaftswahlen im Herbst dieses Jahres bewältigen müssen, kennt keine Gnade und weil man noch ganz am Anfang des Prozederes steht, lassen sich noch keinerlei definitive Aussagen über den Ausgang treffen. Nach dem soeben erledigten Iowa Caucus finden am Dienstag im Bundesstaat New Hampshire die ersten Vorwahlen ("Primaries") statt. An den Ausgangspositionen der Kandidaten und -innen hat sich auf beiden Seiten des politischen Spektrums im Prinzip wenig geändert; aber die Ergebnisse von Iowa stellten sich insofern als signifikant heraus, als sie eine Dynamik erzeugten, deren Entwicklung noch kaum absehbar ist.

Iowa-Sieger Cruz in New Hampshire auf Platz drei

Bei den Republikanern hat Ted Cruz den ersten Wettbewerb relativ klar gewonnen (27,6 Prozent). Aber in New Hampshire, wo der erzkonservative Senator aus Texas viel weniger Zeit und Geld investiert hat als in Iowa, stagniert er in den Umfragen, kommt in der Regel nicht über Platz drei hinaus. Donald Trump, der nach wie vor alle landesweiten Umfragen anführt, hat in Iowa den Nimbus der vermeintlichen Unbesiegbarkeit eingebüßt. In New Hampshire gilt er nach wie vor als erster Anwärter auf den Sieg, aber laut dem Gros der Meinungsforscher bewegen sich seine Zahlen stetig nach unten.

Marco Rubio hofft bei den Republikanern auf 3-2-1

Als lachender Dritter, und viel deutet darauf hin, dass er das sein wird, könnte sich entsprechend wieder Marco Rubio herausstellen.

Der junge Senator aus Florida mit kubanischen Wurzeln liegt im "Granite State" laut Umfragen in der Gunst der Wähler relativ klar auf Platz zwei. Seine Strategie lässt sich somit auf die Formel 3-2-1 verdichten: Sollte er es tatsächlich schaffen, in New Hampshire Zweiter zu werden, darf er sich berechtigte Hoffnungen machen, mit einem Sieg bei den unmittelbar darauf folgenden Vorwahlen der Republikaner in South Carolina am 20. Februar mit einem ordentlichen Schub in den ersten sogenannten "Super Tuesday" am 1. März zu gehen. An diesem Tag halten gleich zwölf Bundesstaaten auf einmal ihre Vorwahlen ab. Einen Erfolg Rubios zu verhindern, trachten weniger Trump und Cruz, die sich in den vergangenen Tagen über das Fernsehen und die sozialen Medien so einiges ausrichteten - Trump beschuldigte Cruz nicht weniger als des Wahlbetrugs in Iowa, der wiederum mahnte ihn, "weniger kindisch" zu sein und weniger zu twittern -, als jene drei Kandidaten, die den relativ moderaten Teil ihrer Partei repräsentieren.

Das Aussitzen der Demontage von Trump und Cruz

John Kasich (Gouverneur von Ohio), Chris Christie (Gouverneur von New Jersey) und Jeb Bush (Ex-Gouverneur von Florida) kämpfen in New Hampshire bereits jetzt so etwas wie ihr letztes Gefecht. Und nachdem anscheinend alle von ihnen nicht ganz unberechtigt damit rechnen, dass Trump spätestens im März über sich selbst stolpern wird und Cruz’ Potenzial als limitiert ansehen, schießen sie sich auf Rubio ein. Inwieweit diese Strategie bei den Wählern des im Nordosten, direkt an der kanadischen Grenze gelegenen Bundesstaats aufgeht, in dem fast keine Minderheiten leben, ist indes fraglich. Mit rund 1,3 Millionen Einwohnern entspricht New Hampshire ziemlich genau der Größe von Estland. Seine Wähler gelten als extrem eigenwillig, ihr offizielles Motto lautet auch: "Live Free or Die".

Sanders hat gespenstisch hohe Umfragewerte bei den Jungen

Auf Seite der Demokraten könnten die Erwartungshaltungen unterschiedlicher kaum sein. Während Hillary Clinton - noch immer die hohe Favoritin auf die Nominierung - nach den Ergebnissen in Iowa um Schadensbegrenzung bemüht ist, wo sie nur mit einem äußerst geringen Vorsprung gewann, wähnt sich ihr einzig verbliebener Widersacher, Bernie Sanders, im Aufwind.

In New Hampshire liegt Sanders, 74-jähriger Senator aus Vermont und selbsterklärter "demokratischer Sozialist", weit vorne. Wen Sanders in beeindruckendem Maße auf seiner Seite hat, sind die Jungen. Wie sämtliche Umfragen und seit Iowa auch reale Zahlen belegen, liegt der aus einer jüdischen Familie stammende und in Brooklyn aufgewachsene Politiker in der Gunst der 17- bis 29-Jährigen nahezu gespenstisch weit vorn. Am Donnerstagabend trafen er und Clinton noch einmal im Rahmen einer kurzfristig angesetzten, live im Fernsehen und im Internet übertragenen Debatte des Kabelsenders MSNBC aufeinander. Den üblichen Höflichkeitsfloskeln folgte ein beinharter Schlagabtausch. Während Sanders die Macht der unter dem Terminus "Wall Street" subsumierten Finanzwirtschaft des Landes an den Pranger stellte ("Das derzeitige Geschäftsmodell der Wall Street ist Betrug"), mühte sich Clinton, ihre aufgrund jahrzehntelanger Erfahrungen als Politikerin im In- und Ausland extrem ausgebildete Problemlösungskompetenz in den Vordergrund zu stellen.

Hinter den Kulissen, hinter kaum mehr vorgehaltener Hand, lautet die Strategie ihrer Kampagne: Den Februar überstehen - nach New Hampshire halten die Demokraten ihre Vorwahlen ebenfalls in South Carolina ab, eine Woche nach den Republikanern - und am Super Tuesday den Sack zumachen.

Wie schwer es Sanders Clinton bis dahin machen wird, lässt sich neuerdings auch an Zahlen festmachen: Im Jänner nahm Sanders - der einzige Kandidat, der kein sogenanntes Super-PAC hinter sich hat -, über 20 Millionen Dollar ein. Clinton nur 15.