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Die ehemalige "ÖVP-Wein-Institution" Wieno wurde ausgerechnet von Neuparteigründer Pollischansky übernommen.
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Wien. Unter der Rubrik "dumm gelaufen" könnte wohl die Neuübernahme des Weinlokals Wieno gegenüber dem Wiener Rathaus stehen. Denn die einst von der Wiener ÖVP ins Leben gerufene Gaststätte, die sich direkt im ÖVP-Gebäude in der Lichtenfelsgasse 3 befindet, wurde ausgerechnet an einen politischen Gegner vergeben: Heinz Pollischansky, Initiator der neuen Liste "Wir wollen Wahlfreiheit", kurz WWW, hat sich bereits vor ein paar Wochen quasi im verlängerten Wohnzimmer der Wiener ÖVP eingemietet. Dann hat er aus dem "Wieno" das "Vino" gemacht. Und damit auch mit der "Tradition" gebrochen, ausschließlich Wiener Wein und diverse Snacks anzubieten - zum Missfallen einiger früherer Stammkunden.
"Eigentlich peinlich"
"Eigentlich peinlich für die ÖVP", meinen einige Gäste, die nach der Arbeit oft vom Rathaus in das Lokal pilgern - im Übrigen durchwegs aus allen politischen Lagern stammend. "Erst vergangene Woche habe ich auf dem Weg ins Vino ÖVP-Chef Manfred Juraczka und Landesgeschäftsführer Alfred Hoch getroffen und gesagt, ich geh jetzt zum Pollischansky rüber. Also ich muss sagen, besonders erfreut haben sie nicht gewirkt", erzählt FPÖ-Planungssprecher Anton Mahdalik. Die ÖVP kämpfe bei der anstehenden Wahl um das Erreichen eines zweistelligen Ergebnisses. "Da geht es natürlich um jede einzelne Stimme. So gesehen war die Pächter-Wahl nicht die glücklichste. Und nach den Gesichtsausdrücken von Juraczka und Hoch zu schließen, dürften die das auch so sehen."
Eigentlich bestimmt der Landesgeschäftsführer, welcher Gastro-Betrieb in das ÖVP-Haus einziehen darf (Eigentümer des Hauses ist die Niederösterreichische Versicherung und die ÖVP der Hauptmieter Anm.). Und das war bei der Eröffnung des alten Wieno noch Norbert Walter, selbst Winzer in Stammersdorf. Nach der Wahl 2010 folgte ihm Alfred Hoch als Landesgeschäftsführer. Dem Vernehmen nach dürfte aber Pollischansky - übrigens in Hernals unmittelbarer Nachbar Juraczkas - ein Wunschkandidat des ÖVP-Chefs gewesen sein.
"Wir haben nur jemanden gesucht, der etwas von Gastronomie versteht und die Pacht regelmäßig bezahlen kann", erklärt dazu der ÖVP-Chef im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Außerdem habe es aus der Verlassenschaft des Vormieters Ablösen gegeben, die nur Pollischansky bereit war zu begleichen, heißt es.
Auf die unglückliche Optik angesprochen, jetzt plötzlich einen politischen Gegner im eigenen Haus zu haben, meint Juraczka, dass er im Herbst 2014 noch nichts von den politischen Ambitionen Pollischanskys bei der Wahl im kommenden Herbst gewusst hat. "Einen Gastronomen suche ich mir nach seinen Qualitäten als Gastronom aus. Und ich gebe zu, dass ich nicht bei jedem Gastronomen gleich auf die Idee komme, dass er eine Partei gründen könnte."
"Bleibt politikfreie Zone"
Ihn über die Parteigründung in Kenntnis gesetzt habe Pollischansky "ein paar Stunden vor der öffentlichen Bekanntgabe" - was ihn durchaus überrascht habe, versichert Juraczka. Einen politischen Schaden für die ÖVP sieht der ÖVP-Chef aber keinen. "Ich gehe davon aus, dass das Lokal weiterhin politikfreie Zone bleibt und dass der neue Mieter nicht in seinem neuen Lokal zu kampagnisieren beginnt."
"Ich kann mir schon vorstellen, dass jemand dann doch gerne ein Kreuzerl für WWW macht, wenn er es im Vino sehr gemütlich findet", meint wiederum SPÖ-Landtagspräsident Harry Kopietz dazu. "Aber vielleicht kann man auch der ÖVP unterstellen, dass Pollischansky in Wirklichkeit auf der Karte der ÖVP-Wahlwerber steht."
Weniger lustig findet das im Übrigen "Wieno-Vater" Norbert Walter. "Es wäre schon schön gewesen, wenn man das mit dem Wiener Wein beibehalten hätte", meint er. Denn nicht jede Weltstadt sei in der Lage, so tollen Wein zu produzieren. Und es sei nicht nur der vormalige Pächter sehr stolz auf seine Gebiets-Vinothek gewesen, erklärt ein anderer treuer Gast des ehemaligen Wieno. "Die meisten sind nur wegen der Weinkarte gekommen."
Vom alten Wieno übrig geblieben ist jedenfalls nur noch ein kleiner Stand, der während des Filmfestivals am Rathausplatz zu finden ist. Zumindest hier lebt noch das alte Konzept der Wien-Wein-Karte. "Und im ÖVP-Haus kann jetzt Pollischansky gegen seinen eigenen Freund einen eigenen Wahlkampf führen", witzelt man weiter im Rathaus.