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Den Nazi-Tätern auf der Spur

Von Peter Wütherich

Politik

Mehr als hundert Abschiebungen aus den USA. | Keine Ahndung durch US-Justiz möglich. | Washington. (afp) Der frühere KZ-Wächter John Demjanjuk zählt zu den bekanntesten NS-Tätern, die bisher aus den USA abgeschoben wurden. Er ist aber längst nicht der einzige. Die US-Behörden haben 107 Menschen ins Ausland abschieben lassen, seit das Justizministerium vor 30 Jahren eine eigene Abteilung für die Identifizierung untergetauchter NS-Täter gegründet hat.


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Dieses Office of Special Investigations (OSI, "Amt für Sonderermittlungen") verfolgt das Ziel, eingebürgerten Tätern vor Gericht die US-Staatsbürgerschaft aberkennen zu lassen, um dadurch ihre Ausweisung zu ermöglichen.

Alarmiert von Berichten, dass Hunderte von Nazi-Tätern unerkannt in den USA Unterschlupf gefunden hatten, verabschiedete der US-Kongress 1978 ein Gesetz zu deren juristischer Verfolgung. Es schreibt die Ausweisung all jener vor, die zwischen 1933 und 1945 an Verfolgung, Völkermord, Folter oder außergesetzlichen Tötungen unter dem Nazi-Regime teilgenommen hatten. Unter Präsident George W. Bush wurde der Geltungsbereich des Gesetzes 2004 auf alle Menschen ausgeweitet, die im Ausland in Menschenrechtsverletzungen verwickelt waren.

Die Ausbürgerung der enttarnten Täter ist nur eine juristische Notlösung. Denn die eigentlichen Verbrechen kann die US-Justiz nicht ahnden, da Täter wie Demjanjuk zum Zeitpunkt ihrer Vergehen noch nicht US-Bürger waren, die Taten nicht in den USA begangen wurden und die Opfer keine US-Bürger waren.

Um doch noch Verurteilungen zu ermöglichen, sollen überführte Täter laut OSI bevorzugt in solche Länder abgeschoben werden, wo sie vor einem Gericht tatsächlich für das begangene Unrecht belangt werden können. Im Fall Demjanjuk etwa ist die Münchner Justiz zuständig.

Erst im März wurde der 83-jährige Josias Kumpf, ein ehemaliger Wächter im Lager Sachsenhausen, nach Österreich abgeschoben. Er hatte seit 1956 in den USA gelebt. Im September 2007 war der damals 88-jährige Peter Hartmann nach Deutschland ausgewiesen worden; auch er war als SS-Wächter in Sachsenhausen an Gräueltaten beteiligt.