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Den politikfreien Raum gibt es nicht

Von Judith Belfkih

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Kunst und Politik sind ein seltsames Gespann. Wer gerade wen für die eigenen Zwecke vor den Karren spannt, das ändert sich in der Beziehung der beiden ebenso häufig wie die Mittel und Stile dafür. Die Vereinnahmung von Kunst im Namen politischer Ideologie ist immer problematisch. Welche Kunst sich wie in das Weltgeschehen einmischt, variiert. Welche Verschiebungen hier derzeit stattfinden, lässt sich an gleich drei Großveranstaltungen dieses Wochenende studieren.

Galt der Songcontest lange als nicht nur künstlerisch belanglose Sache, bei der neben lustigen Kostümen maximal das Votingverhalten benachbarter Länder beschmunzelt werden konnten, entwickelte sich das friedliche Wettsingen zuletzt zum Politikum. Dass hier Politik die Kunst für ihre Machtspiele missbraucht, ist betrüblich. Auch wenn es zur indirekten Aufwertung des lapidaren Events geführt hat.

Die am Samstag startende Kunstbiennale in Venedig, die als Gratmesser für die Verwebung von Politik und Kunst gelten kann, zeigt hingegen auch eine Abkehr von aktuellen Themen. Neben spannenden Einzelpositionen scheint sich die Kunst mit "Viva Arte Viva" vor allem selbst zu feiern. Auch das ist ein politischer Akt: Kunst um der Kunst willen, als Insel, auf der man sich von der fordernden Realität erholen kann. Auf Letzteres dürfen Besucher der Wiener Festwochen dieses Jahr wohl kaum hoffen. Hier ruft alles nach Auseinandersetzung mit den brennenden Fragen der Gegenwart, nach Problematisierung, nach Konfrontation.

Über die Güte der Kunst sagen alle drei Verknüpfungen nichts aus. Sehr wohl aber darüber, dass es den politikfreien Raum nicht gibt - auch nicht in der Kunst.