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Den richtigen Zeitpunkt verpasst?

Von Christian Mayr

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Man kann sie landauf, landab schon richtig hören, all die Weisheiten der selbsternannten Ski-Experten und Patschenkino-Sportler. Die dann fallen, wenn Mario Matt das Unvermeidliche einer jeden Sportlerkarriere, den Rücktritt, ausspricht. "Zeit ist es geworden, dass er endlich aufhört", werden viele wohl sagen. "Der reißt eh nix mehr." Oder: "Der hätte schon nach der Olympia-Goldenen gehen sollen!" Hätte er wirklich? Das wäre für den Tiroler damals natürlich ein Abgang am Höhepunkt seiner Schaffenskraft gewesen - so wie es sich viele Sportler nur im Bilderbuch erträumen können. Matt hatte allerdings recht, noch eine weitere Saison - seine 15. in der Slalom-Weltelite - anzuhängen. Erstens hatte er in Beaver Creek die Chance, WM-Geschichte zu schreiben und drei Mal Slalom-Gold zu holen; zweitens wollte er erstmals den Disziplinen-Weltcup gewinnen, was angesichts seines immer noch schnellen Slalomschwungs prinzipiell möglich schien; und drittens klingelte endlich auch einmal beim Arlberger die große Kassa als TV-präsente Werbefigur von Großkonzernen, die nach seinem Olympiasieg auch bei ihm - der Jahre zuvor keinen Kopfsponsor mehr fand - Schlange standen. Dazu natürlich der Spaß am Sport, Beruf und Hobby zugleich, der in diesen Dimensionen gemessen an der Lebenszeit nur recht kurz ausgeübt werden kann. Dass die heurige Seuchensaison sechs Ausfälle und null Erfolgserlebnisse brachte, ist Pech, damit reiht sich aber auch Matt unter den Größten seiner Zunft ein. Denn wer hat es wirklich geschafft (oder übers Herz gebracht) noch in der Stunde des Erfolgs zurückzutreten? Hermann Maier, Alberto Tomba, Ingemar Stenmark, Marc Girardelli jedenfalls nicht. Letzterer musste sein Karriereende sogar am Krankenbett verkünden. Wer gesund abtritt, hat jedenfalls auch einen guten Zeitpunkt gewählt.